24 Songs to X-Mas XV

Vinícius de Moraes

Hier trifft sich alles zu einen Lied. Baden Powell schrieb den wunderbaren „Samba da Benção“ und Vinicius de Moraes textete die wundervollen Worte dazu. Hier eine englische Übersetzung:

Samba Of The Blessing

It’s better to be happy than sad
Happiness is the best thing there is
It is like a light in the heart
But to make a samba with beauty
It’s needed a bit of sadness
If not the samba can’t be made


To make a samba is not like telling a joke

And who makes samba like this is worth nothing
The good samba is a kind of prayer
Because samba is the sadness that sways
And sadness is always hopeful
Of one day not being sad any more

Put a little love in the cadence
And you’ll see that in this world nobody wins
The beauty that a samba have
Because samba was born in Bahia
And if today it is white in it’s poetry
It is very black in it’s heart.

Ich besitze eine Best of von Vinicius, auf der dieser Samba glücklicherweise zu hören ist. Auf Youtube findet sich eine Liveversion Vinicius‘ mit Joao Gilberto:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Dann schrieb Francis Lai den Soundtrack von „Un homme et une femme“ und ließ hier Pierre Barouh den französischen Text singen. Auch eine schöne, beschwingtere Version:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Der tolle Joao Gilberto, der mit Vinicius die erste Version einspielte und die anmutige Astrud Gilberto, die ach-so-viele schöne Bossas von Tom Jobim und ihrem Mann einsang  brachten eine Tochter zur Welt,  die Bebel getauft wurde. Auch sie singt und begründete vor Jahren einen „Neo-Bossa-Nova“-Hype. Eine nette Platte, keine Frage. Ja und auf ihrer ersten Scheibe ist er wieder, der Samba da Benção. Dieses mal elektronisch verstärkt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

24 Songs to X-Mas XIV

Dots and Loops

In den 90ern trennten sich die Wege der Musik und mein eigener ganz schön. Arbeit, Familie und was-weiss-ich hielten mich davon ab, mich mit meiner zweiten Mutter eingehend zu beschäftigen. Insofern war ich über Tipps immer dankbar.

Sascha drückte mir Stereolabs „Dots and Loops“ in die Hand, die sofort bei mir zündete. Schnell, dynamisch, leicht kommt die Musik daher. Mit einem angenehmen Bossa-Vibe. Gesungen wurde zweistimmig, weiblich, meist auf französisch. Zwischenzeitlich kenne ich auch einiges, welches vor „Dots and Loops“ entstand und kann jene verstehen, denen diese Platte schon zu gefällig ist, haben sie es vorher doch krautrockig bis beatig krachen lassen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Thorsten nahm ich an der Hand und führte mich auf ein Konzert von Stereolab mit. Ich glaube, es war Bochum. Der Eindruck, den Stereolab auf mich machten, war bleibend. Tanzbar, hörbar und scheinbar ohne Ego arbeitete eine Gruppe Menschen wie ein Organismus auf der Bühne. Zwei Frauen – eine dunkelhaarig, die andere blond – machten die zweistimmigen Vokalpassagen, die blonde Frau dabei noch ihre Gitarre bearbeitend.

Mary Hansen war der Name der blonden Gitarristin und ihr Ende stimmt mich immer noch traurig. 2002 fuhr sie auf ihren Fahrrad, um von einen LKW tödlich über den Haufen gefahren zu werden. Welch ein früher und gemeiner Tod, wie überflüssig.

Seitdem ist bei Stereolab irgendwie der Wurm drinn. Es wurden noch Sidekicks wie „Monade“ gegründet, doch die Magie ist verschwunden. Schade.

Zieh Dir am besten die englische Wiki-Seite rein, wenn Du mehr über Stereolab erfahren willst. Sie ist bedeutend auskunftsfreudiger, als die deutsche.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

24 Songs to X-Mas XIII

Sister Freedom Tapes

Na, die letzten Türchen waren vielleicht nicht allzu einfach für einige zu verdauen. Zudemhatte ich schon ein schlechtes Gewissen, Tracks zu liefern, aber Songs angekündigt zu haben. Insofern heute etwas leichtes, einfaches, zart schmelzendes: Pizzicato 5. Pizzicato 5 sind ein japanisches Pop-Duo, die ihre Zeit in den 80ern hatten. Sie lieferten all die Retro-Bezüge, die wir lieben: die 60er, James Bond, Twiggy. „Crazy music for crazy people“ also, was ich schon bewusst in Anführungszeichen setzte.

Live empfand ich sie enttäuschend: da steht halt der Nerd hinter einem Rechner und die Sängerin singt mit einem komischen Hut auf. Ein typisch neuzeitlicher Elektro-Act, den zumindest ich nicht brauche. Viel besser war die ganz in gelb gehaltene Vorband „Dance Man“, die auch aus Japan kamen und Discomusik machten. So mit Hornsection und allen drum und dran.

Aber zurück zu Pizzicato 5: sie hatten ihre 15 Minuten Ruhm und hinterließen einige zuckersüße Liederchen. „Snowflakes“ schaffte es vor allem in diese Reihe, weil es ein wunderschönes Winterlied ist. Ist es ein Lied? Eigentlich nicht wirklich, aber schön ist es trotzdem.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Und als Leistungsbeweis, dass Pizzicato 5 zur Hochzeit des Big Beats werkelten ihr großer Hit „Twiggy Twiggy“ für alle Spätgeborene.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

24 Songs to X-Mas XII

Music for 18 Musicians

In den frühen 80er Jahren machte ich mit der Musik von Steve Reich Bekanntschaft. Einige seiner Platten liefen im Café Größenwahn, unserem Haupttreffpunkt in der tiefen Provinz. Oft schnell und dynamisch und dabei trotzdem luftig leicht kommt die Musik daher und verändert die Athmosphäre von Räumen, ohne je dabei aufdringlich zu sein.

Nein, es handelt sich dabei nicht um Ambient, sondern um Minimal Music. Reich bildete ein eigenes Ensemble und ist tatsächlich trotz doch ziemlich fortgeschrittenen Alters (Jahrgang 1936) immer noch auf ausgedehnten Touren.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

In Zeiten des Samplings sind wir Schichtungen in der Musik meist gewohnt. Doch wenn man „Music for 18 Musicians“ aufgeführt sieht, wird einem erst klar, mit welch einer Präzision diese Musiker spielen.

Dass Minimal Music auch politisch sein kann, bewies Steve Reich schon mit seiner zweiten Veröffentlichung „Come out“ (1965 erschienen), welches auch heute noch zu beeindrucken weiss: eine komplette LP-Seite ver- und bearbeitete Reich ein Bruchstück einer Zeugenaussage des „Harlem Riots“ 1964. Wie ich dieses Stück das erste Mal hörte, zweifelte ich tatsächlich an meiner Wahrnehmung.

http://youtu.be/uGDo1YN_q3c

Mehr hat nicht nur Wiki zu bieten, es gibt auch eine Homepage von Steve Reich.

24 Songs to X-Mas XI

Mit 16 Jahren nahm ihn eine gefundene Dynamitkapsel das Augenlicht. In der Blindenschule bekam er eine musikalische Ausbildung, die er voller Eifer heftigst voran trieb. Sein Blindenhund nannte er „Moondog“, da dieser ständig den Mond anheulte. Als der Hund starb, übernahm er dessen Namen.

Von den 40ern bis in die 70er traf man ihn oft an einer bestimmten Ecke in New York an. Tatsächlich lernte ich jemanden kennen, der ihn dort begegnete. Moondog musizierte gerne in einen selbstgebastelten Wikingerkostüm und  schloss Freundschaften mit Musikern, die seine selbstgeschriebenen Werke aufführten. Sein Bart war beeindruckend lang.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Er machte einfache und doch irgendwie magische Musik. Er gilt als Vorläufer der Minimal-Music. 1974 wurde er für 2 Konzerte nach Deutschland eingeladen und blieb einfach hier. Er spielte auf den Straßen und verkaufte seine Gedichte. Er wurde von einer Familie in der Provinz adoptiert, wo er dann endlich sesshaft wurde. Dort starb er 1999 dann mit 83 Jahren.

Moondogs Biographie liest sich im Detail wie ein modernes Märchen und seine Musik ist der ideale Soundtrack dazu. Leicht wirkt seine Musik, fröhlich und schön. Wenn ich seine Lieder höre, fällt es mir nicht schwer, an das Gute im Menschen zu glauben.

Das oben verlinkte „Viking, for celesta & percussion“ ist vom Album „The Viking of Sixth Avenue“. Mehr Informationen erhälst Du wieder mal von Wiki.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

24 Songs to X-Mas X

Secrets of the Beehive

David Sylvian leitete seinen Namen angeblich von Sylvain Sylvain, dem Sänger der New York Dolls ab. Das erscheint richtig, wenn man sich die frühen Japan, deren Sänger Sylvian war, mit eben den New York Dolls vergleicht. Vor allem optisch.

Ich finde es immer wieder verblüffend, wie extrem sich Musiker von Ende der 70er bis Anfang der 80er mitunter veränderten.  So liegen zwischen dem ersten Japan-Album „Adolescent Sex“ und „Tin Drum“ gerade mal 4 Jahre und musikalische Universen. War „Adolescent Sex“ eine wilde Mischung an Glam, Punk und Postpunk, gelangten sie bei der „Tin Drum“ schon recht Nahe am Jazz und Weltmusik mit derben Funksprengseln an.

Aber schon während der Japan-Phase äusserte sich Sylvian immer wieder, dass  ihm die Band zu eng sei. Auf Solopfaden dann warf er sich in fruchtbare Kolaborationen mit anderen Freigeistern wie Holger Czuckay (hatten wir schon im Kalender), Ryuichi Sakamoto (auch abgehakt) oder auch Robert Fripp.

Sein Gesang veränderte sich weniger, doch die Musik wurde ruhiger, langsamer, esotherischer. Höhepunkt bildete 1987 meiner Meinung nach das Album „Secret of the Beehive“, welches er eng mit Sakamoto erarbeitete. Sakamoto hat hier aber auch ganze Arbeit geleistet. Super Streicherarrangements, wunderbare Pianotupfer. Ein regelrechtes Künstleralbum also.

Leider ist der Videolink nicht in WordPress einbindbar. Bitte Link klicken. Danke!

„Let the Hapiness in“ ist bestes Pfeifen im Walde. Schwer, sehr schwer beginnt das Stück, um sich dann gegen Ende doch ein wenig Hoffnung erarbeitet zu haben. Auch hier wieder 1A-Turmbläser.

Zwischenzeitlich hat sich David Sylvian komplett befreit. Er veröffentlicht seine Alben in Eigenregie und sucht immer wieder besondere Formen der Zusammenarbeit. Ich gönne dies Sylvian von Herzen. Aber immer folgen kann ich ihm leider nicht mehr.

Du willst mehr Wissen? Versuche es via Wiki und folge dann den Links zu „Japan“.

24 Songs to X-Mas IX

Eureka

Mein erster Kontakt mit Jim O’Rourke war „Something Big“. Ich war beim ersten Hören im Radio der festen Überzeugung, es hier mit einem Burt-Bacharach-Song zu tun zu haben: der Mädchenchor, die Bläser, die Melodieführung… wirklich sehr gewitzt. Wie ich dann den Namen Jim O’Rourke vernahm, machte es Klick im Stübchen: da war doch dieses obskure Plattencover…

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wie ich dann die Scheibe „Eureka“ von 1999 hörte, war ich doch sehr erstaunt. Jim O’Rourke hüpft durch Stile und Genres ohne jegliche Mühe. Besonders beeindruckend ist für mich der Titelsong: zärtlichste Akustikgitarrenarbeit, die unaufdringlich elektronisch verfremdet wurde. Das Lied baut sich unglaublich langsam auf und kurz bevor sich Langeweile breit macht, kommt ein Satz Turmbläser hinzu.

Ein idealer Soundtrack für Stunden im Winter, wie ich finde. Und wenn Du mehr über Jim O’Rourke erfahren möchtest, dann schau doch mal bei Wiki als Einstieg vorbei…

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

24 Songs to X-Mas VIII

Beauty

Ich muss aufpassen. Da liest jemand mit, der extrem mitdenkt und das hastig zusammengeschusterte von mir als solches erkennt. Deshalb wird es heute etwas später mit dem Sonnenuntergang.

Ryuichi Sakamoto sollte kein unbekannter sein. Er liebt Debussy über alles, hat eine klassische Klavierausbildung und hatte einen starken Hang zu Kraftwerk, weshalb er ein Drittel des Yellow Magic Orchestras bildete. Dann ging er einige fruchtbare Kooperationen zum Beispiel mit David Sylvian ein und schrieb den großartigen Soundtrack von Furyo (Merry Christmas, Mr. Lawrence), in der er neben David Bowie die Hauptrolle erhielt. Mit David Byrne schrieb er den Soundtrack zum letzten Kaiser, wofür die beiden auch glatt einen Oscar bekamen. Für Bladerunner schrieb er leider nicht den Soundtrack, aber das ist ein anderes Thema.

Seine Soloalben sind bunt gemischt und quitschfidel von japanischen Traditionals bis beinharte Jazzdingers. Die Scheibe „Beauty“ sticht aus seinen Werken meines Erachtens heraus. Ich mach mal Name Dropping einiger beteiligter:

Arto Lindsay, Sly Dunbar, Brian Wilson, Youssou N’Dour und – Tataaa! – Robert Wyatt. Von der Haltung her erinnert mich Sakamoto an Herbie Hancock: ständig am Experimentieren, Probieren, Stile und Genres einfach mal so mitnehmen.

http://youtu.be/mkUOblvARNk

„A Rose“ ist schön. Über den Text kannst Du Dir gerne selbst den Kopf zerbrechen. Ich schieße heute lieber nicht aus der Hüfte, bevor irgend jemand wieder ganz genau mitliest. Und da man auf einen Bein schlecht steht, gleich noch „After All“ von Neo Geo angebracht, welches von Bill Laswell produziert wurde. Genau, der dicke Bassdaumen von Material.

http://youtu.be/_lXtQStQ82o

Mehr über Ryuichi Sakamoto wieder mal bei Wiki.

24 Songs to X-Mas VII

Tortoise machen ja Post-Rock. Zumindest wurde dies eine Zeitlang behauptet. Post-Rock soll wohl soviel heissen wie… mit den Mitteln von Rock etwas zu machen, was Rock nicht mehr ist. Herrje, die Schubladen klemmen. Prog-Rock nannte man dies auch schon mal. also Progressiver Rock, was wohl soviel wie innovativ bedeuten soll, aber meist nur eine Menge Tempiwechsel und unerträglich lange Soli meint.

Ich finde ja, dass man solch Zeugs nicht braucht, um etwas zu genießen. Oft hindert es sogar beim Genuss. Aber irgendwie muss ich ja ein paar schlaumeierische Zeilen zum Video bügeln. So sei darüber informiert, dass die amerikanische Band Tortoise bitteschön nicht französisch ausgesprochen werden möchte. Und um das auch gleich zu klären: Tortoise kommt vom lateinischen „tartaruchus“ und heisst Schildkröte.

Schildkröte? Wie Anti-Rockistisch. Ha, wieder reingefallen! Stop, zurück an Anfang.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

„I Set my face to the hillside“ befindet sich auf dem Album „TNT“ von 1997. Das Cover wirkt als CD witzig: es sieht halt wie eine Kritzelei auf einer CD-Rom-Hülle aus. Der Eindruck verschwindet bei LP-Größe jedoch komplett. Auch hier ein Post-modernistisches Spielchen: „wir lassen das Album einfach so aussehen, als ob Du Dir selbst die CD gebrannt hättest.“ Doch zurück zum Song.

Schrieb ich Song? Eigentlich schon, auch wenn es ein Instrumental ist, hat es eine klare Liedstruktur. Die Instrumentierung und das Arrangement ist rockunüblich. Mundharmonika, Filzklöppel für das Schlagzeug… Ich gestehe meine erste Assoziation: die Titelmelodie von Winetou.

Doch statt jugoslawischer Westernidylle spielt mein Kopfkino eine Szene in einer brasilianischen Bucht ab. Das hat natürlich mit den Geräuschen im Intro zu tun. Auch der Rhythmus, der eher gemächlich ist, hat diese sonnengegerbte Ruhe weg. Da ist es schon eine kleine Leistung, den Blick auf die Berge zu richten.

Ich lege das Stück gerne in Lounge-Sets oder im Vorprogramm auf. Da kommt so eine wunderbare Ruhe im Raum auf. Herrlich ist das.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wer weiter die Schildkröte reiten will, kann bei Wiki alles weitere nachlesen.

24 Songs to X-Mas VI

Beirut - Gulak OrkestarEin kleiner Junge fährt mit seinen Eltern kreuz und quer durch Europa auf einer ausgedehnten Urlaubsreise. Der kleine Junge saugt all die fremden Eindrücke, Gerüche, Melodien, all dies alte und verstaubte Europa auf, konserviert diese Erinnerungen, um sie dann als später Teenager in Musik zu gießen. Die Instrumentierung erinnert an Blaskapellen, die Rhythmen haben Walzer- oder auch Polkatakte. Die Stimme erhebt sich inbrünstig, als gelte es, die Angebetete auf dem Balkon zu verleiten, nach einer Strickleiter zu suchen.

Die dicke New-York-Vorurteilssauce also, wie schön und alt und fertig Europa sei. Zach Condon heisst der Schlingel, der unter dem komischen Namen „Beirut“ ein noch komischer benanntes Album „Gulag Orkestar“ ablieferte. Und ich fühle mich schrecklich wohl dabei. Ich mag den Gedanken, dass in Europa alle schlecht gelaunt, doch gut gebildet Kette rauchend und grummelnd in Farb-, oder auch Mülleimern rühren. Hauptsache, die Fotos sind in Sepiatönen gehalten.

Es geht also um Erinnerungen an Ereignisse, die nie geschahen. Warum sich mit Halbheiten wie Verklärung aufhalten, wenn man sich die Vergangenheit gleich komplett neu erfinden kann? Natürlich waren wir bettelarm, aber glücklich. Wir hatten zwar keinen Fernseher, aber ein Lagerfeuer und gute Freunde, mit denen man dankbar den schlechten Landwein teilte.

http://youtu.be/gb2YYKYDtkA

Ich habe ja ein Faible für Kustorika-Filme. Eine Wirklichkeit, in der die armen Menschen schwer geprüft werden, die bösen Menschen aber zum Schluss doch kräftig auf die Mütze bekommen. Schenkelklopfend verfolgt man, wie Kapellen in Bäumen festgebunden spielen müssen. Oder dem Gangster im offenen Wagen hinterherlaufen und bespaßen. Oder die Hochzeit auf dem Schiff beschallen.

Die Kapelle kommt immer durch. Sie halten zusammen wie eine Familie. Sie bilden freiwillig einen Bund, der sich von all diesen elektronischen Schnickschnack befreite, um immer und überall sich Gehör zu verschaffen. Und wenn das Stromnetz endgültig zusammenbricht, dann weinen wir vor unseren Rechnern und denken daran, die Blockflöte im Keller zu suchen, die man einst so verabscheute. Doch die Kapelle zeigt grinsend die Goldzähne und spielt zum besoffenen Tanze auf.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mehr Infos bei Wiki wieder mal.