Wie angekündigt ein nicht berichtenswerter, aber trotzdem angenehmer Sonntag. Deshalb etwas schöne Pausenmusik: Steve Reich – Music For 18 Musicians; Pulse, Section I, Section II
Spax on Stax – ein wenig ereignisreicher Samstag
Heute war Ausschlafen drann. Um 7 Uhr aufgestanden und den Aufsatz für Freitag getippt. Dann las ich ein wenig entsetzt den Artikel zum gestrigen Gespräch in der Zeitung und hielt mich einige Male zurück, mich sehr darüber zu echaufieren. Ich rief Michael Wenzel an, verabredete mich mit ihm in der Süßen Erinnerung und schüttete mein Herz mit der Zeitung in der Hand aus. Er las den Text, fand die Formulierung „späten Scheitel“ witzig (ich ja auch, zugegeben) unf tröstete mich, dass es eine gute Promo sei. Nun, da waren falsche Angaben, erfundene Zitate, total verschobene Schwerpunkte, so dass ich mir vornahm, zukünftig besser aufzupassen und den Rat von Michael zu befolgen, Zitate vorher abzunehmen. Ach, das nächste Mal reiche ich dem Fotografen auch einen Hocker, damit er mich nicht von unten fotografiert. Aber es wäre auch fies, nun undankbar zu sein. Ich nahm es als Übung in Ego-bändigen und drücke nun meinen Dank für den Artikel aus.
Ansonsten kaum menschliche Jukebox. Mit Michael witzelte ich noch über Stax und Haru Specks herum und bastelte das Logo um, um es dann auf ein T-Shirt drucken zu lassen. Dann kam meine Tochter, wir kauften gemeinsam ein, um uns dann in der Wohnung zu verteilen.
Ein Freund rief an, den ich seit 14 Jahren nicht mehr sah. Er lebt in Japan und ist nur sehr selten hier. Ausgerechnet an meinen Geburtstag kommt er mit seiner Frau vorbei Ich freue mich sehr.
Die gestern aus dem Container gezogenen Elac-Boxen habe ich aufgestellt und verkabelt. Voller, satter Sound. Wie ich zu sagen pflege: Volume kommt von Volumen. Boxen müssen groß sein.
Abendessen, Film angucken, das war es. Vielleicht komme ich morgen dazu, über das Konzept der zukünftigen haruspecks.de zu sinnieren.
Stay tuned, my friend. Spätestens am Dienstag Morgen gibt es dann wohl endlich dann die erhoffte Liste und den Stadtplan zur Tour. Gute Nacht.
Haru, it’s time to move on!
Mittwoch war Bürotag. Achim vom KiT versprach ich zum Mittwoch einen Text und Fotos zur Weiterverwendung zu senden. So quälte ich mich stundenlang an einer schriftlichen Selbstdarstellung, sowie Erläuterung des Konzeptes. Du ahnst nicht, wie schwer ich das immer finde. Aber gut, irgendwann war ich fertig, sendete dem immer hilfsbereiten Michael W. den Text zu, der ihn tatsächlich nur ein klein wenig bearbeitete und drückte erleichtert auf „senden“.
Heribert gab mir die Nummer von Jürgen durch, der bei seiner Hochzeit das Licht gestaltete, ich legte Schallplatten auf. Ab 1 Uhr für ca. 8 Leute noch, doch Jürgen wollte einfach nicht mit dem lichtgestalten aufhören, da er meine Musik offensichtlich genoss. Als ich ihm also am Telefon meinen Namen nenne, kann er natürlich nichts damit anfangen, bei Heribert meinte er vorsichtig „ja, den kenne ich“. Wie ich mich dann der DJ der Hochzeit outete, war er dann offen. Nein, er sei keine Agentur, aber ich solle ihm Material schicken, das er bei Nachfrage gerne weiter reiche. Zum Schluss meinte er dann noch eindringlich, dass er das Material auch nicht wegwerfen würde. Ich grinste wie ein Honigkuchenpferd, weil diese Erweiterung unterstrich, dass er es ernst meinte.
Weil ich so in Fahrt war, rief ich Philip von der Zeitung an. Wir kannten unsere Namen, waren uns aber nie begegnet. Auch er ganz offen und ankündigend, dass sich heute noch jemand melden würde, der ein Interview und Fotos machen wolle. Hach, das tut gut.
Jetzt brauchte ich Sonne und Luft. Ich fahre in ein Lokal in der Nähe, dessen Geschäftsführer begeistert war, einen Termin machte und nur noch mit dem Besitzer quatschen und sich dann schnell melden wollte. Das war am… Samstag? Freitag? Die Tage verschwimmen, ich müsste das rekonstruieren. Auf alle Fälle entsinne ich mich, dass ich auf Eile drängte, von wegen Termine weiter geben. Er meldete sich nicht und ich war gut und gerne 5 – 7 Male dort, um ihn immer um Haaresbreite zu verpassen. Wieder nicht da, aber ganz sicher ab 20 Uhr.
Ich werde viel zu ausschweifend. In einem anderen Lokal traf ich den Geschäftsführer auch nicht an, der sich eigentlich bis Sonntag gemeldet haben wollte. Da rief Herr F. von der Zeitung an und meldete sich für eine Homestory. Also Fotos vor dem Plattenregal. Das finde ich zwar überhaupt nicht originell und das würde bedeuten, ich müsste den Saustall auf Trimmung bringen, also machten wir den Freitag aus. Dann habe ich den Donnerstag zumindest noch. Ich schaue mal, ob wir da nicht etwas Witzigeres als die Plattenwand hinbekommen (und irgendwie ist mir das auch zu… intim. Das ist so Pop-pornographisch. Ich glaube, es gibt kein Foto vor der Plattenwand, sondern was viel Besseres.
Abends eine Verabredung, danach in besagtes erstes Lokal. Wieder nicht da. Erschrocken nimmt die Bedienung ohne Aufforderung nur ihr Handy und sagt „ich hole ihn mal schnell!“ Ich so: „Du kannst mir auch das Telefon geben, er muss für mich nicht extra aus dem Bett springen.“ Welche Frechheit mich da ritt, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Ich mache es kurz: der Chef war dagegen, deshalb hatte er sich nicht mehr gemeldet. „Na vielen Dank“ fällt mir dazu nur ein.
Und dann war da auf einmal etwas in mir. Ich wollte mich nicht mit dieser Ablehnung abfinden. Orlando aus der Alexandra (endlich wieder etwas, was ich kursiv machen kann) gab mir am Dienstag mit, den Robert in der Bar Ellington anzusprechen. Ich las vor ein paar Tagen noch von der Bar als die Nummer 1 und überhaupt in Düsseldorf. Ich will ein klares Ja oder Nein. Und kein Geshizel.
Das Ellington liegt in der Nähe des Bahnhofs in einer eigentlich etwas derberen Ecke zwischen Pornoschuppen und Supermarkt. Ich frage nach Robert, man verweist auf einen Herrn auf einen Sesel vor der Türe, ich gehe raus und stelle mich vor und erzähle erst etwas angespannter, dann schnell locker werdend mein Jukebox-Angebot. Die Barfrau springt mit einem Sessel, ein Glas Wasser und einer Abstellfläche raus und baut das alles für mich auf. So müssen sich Diplomaten fühlen, was ich da fühlte. Zumindest in der Anfangszeit. Ach, was schreibe ich hier für ein Blech? So einen superben und stillen Service genoss ich 2003 in Tokyo in einer englischen Bar. Da kam der Kellner nach 2 Sekunden an Deine Seite geschwebt mit einem gehauchten „Sorry for waiting“ auf den Lippen.
Robert hörte sich interessiert alles an und wir einigen uns auf einen Tag, der nicht zu voll sein wird. Er erzählt noch von seinen heutigen Kauf von einen Plattenspieler mit aussenliegenden Riehmen, der seit 1972 unverändert gebaut wird. Referenzklasse freilich. Ich plappere noch etwas von Quad-Boxen, da fragt er nach, ob die menschliche Jukebox auch Lieder mit Pferden auf den Flur spielen würde. Ich schwor auf das Grab meiner Eltern, dass dies niemals der Fall sein würde. Aber vor 5 Jahren hätte ich Insterburgs „Ich liebte ein Mädchen…“ dabei gehabt. Freude bei Robert, der Ulrich Rosski ins Spiel bringt.
Der Termin steht also und ich fahre freudig durch die warme Nacht nach Hause. Gute Nacht, Jim-Bob. Gute Nacht, Sue-Ellen.
Links vom Rheine – Rechts vom Rheine
Gestern war Samstag und ich kickstartete direkt nach Pempelfort zur Botschaft Mitte. Die angekündigte Geschäftsführerin war auch da, hörte sich mein Anliegen an, verwies mich dann aber wegen anderer Arbeiten an ihren Geschäftspartner Phillip, der an einer Bierbank vor der Tür saß.
Irgendwie klingelte mein „Spinnensinn“ (Comicleser wissen mehr) bei unserer Vorstellung. Phillip hörte konzentriert zu und wir wurden uns auch schnell einig und fanden einen Termin. Wie er dann im anschließenden Gespräch von seinen süddeutschten Wurzeln sprach, erinnerte ich mich: Phillip arbeitete doch im Coffe, welches ich ein Jahr lang an der Bar beschallte. Es war der Bart, der mich eingangs ablenkte.
Werte/r Leser/in, Du hast sicher bemerkt, dass ich nicht so ausführlich schreibe, wie gestern. Ich muss mich auch leider kurz halten, da ich ein dickes Tagesprogramm vor mir habe. Also im Schweinegalopp der restliche Samstag.
Fahrt zum Olio, Chefin nicht da. Fahrt nach Oberkassel, rein ins Muggel, Chef nicht da. In der benachbarten „Akropolis“ vogesprochen, doch im Sommer sitzen alle vor der Türe und die Nachbarn sind empfindlich. Gerne im Winter dann in der Akropolis. Ja warum auch nicht?
Sasafras: niemand da. Wyno: niemand da. Jedoch etwas Hektik vor dem „Chateau Rikx„. Der Innenhof sieht wie aus einen schönen Traum aus und ich frage auf gut Glück jemanden, ob der Geschäftsführer erreichbar sei. War er, ich habe ihn erwischt. Doch es ist ihm unschwer anzumerken, dass er sehr beschäftigt war. Er hört sich alles kurz an, reagiert positiv und gibt mir seine Nummer, um ihn Sonntag ab 10 Uhr zurück zu rufen. Sympathischer Mensch, ich freue mich.
Zurück über die Luegallee. Im Salon des Amateurs wird geputzt, im Pretty Vacant werden tagsüber Klamotten verkauft. Da kann ich nicht widerstehen und stecke meine Nase kurz bei Hitsville rein. Und Haru Specks so: YEAH!!! Ein großer Stand mit 50 Cent Singles. Ich blättere eine halbe Stunde konzentriert die Platten geblättert und mich für 16 Singles entschieden. Nein, ich zähle nicht alles auf, aber: Radar Love von Golden Earring und Take Five von Dave Brubeck (B-Seite: Blue Ronde a la Turk, Juchhu!!!). Und eine Abnormität in Sachen Label oben als Foto: da hat man einfach das 12″ Label für die 7″ genutzt, hahaha!
Hier meine Props: das Hitsville ist eine super Fundgrube und der Besitzer Ralf ein extrem netter Mensch.
Schneller, schneller: eine alte Schreibtischlampe aus einen Container auf der Carlstraße gezogen, in der Zicke vorgesprochen. Geschäftsführer begeistert, muss mit Besitzer sprechen. Im KiT Achim, den Chef, getroffen, sehr nett geplaudert, einen Termin gemacht. Rüber nach Unterbilk. Petra muss Karten für das Open Source los werden. Robert weiss noch nicht, was er abends machen soll. Verknüpfe die beiden, auf dass Petra an Robert 2 Karten vermacht.
Wo war ich? Der SeifenHorst ist leider immer noch in der Schwebe, wie auch die Cape Coffee Company. Fahrt zum EmmaFisch. Chef nicht da. Merkenstock: Chefin nicht da. Kurzes Hallo in der süßen Erinnerung, da kommt Valerij vorbei, der mich auf dem Fahrrad fotografierte. Wir machen am Sonntag, um 17 Uhr Fotos. Er ist ein Engel.
Ich treffe meinen Freund Thorsten P. in der süßen Erinnerung und peitschen die Woche im Gespräch durch. 30 Minuten Thorsten sind für mich erholsam, wie 3 Tage Spa. Dann kurz nach Hause, auf dem Weg zum Milchschaum treffe ich Cemil, den Besitzer des Milchschaums. Das Milchschaum gibt es leider nicht mehr, erfahre ich von ihm. Hammer: wie groß seine Tochter geworden ist. Beeindruckend offenes Mädchen, toll!
Rein in die Geissel und Termin gemacht (er gibt bescheid, sollte der Besitzer nicht mitspielen). Zwischendurch noch die Mail vom Salon des Amateurs: Termin steht!
Kurz eingekauft und dann zu N.N. zu Erdebeeren mit Vanilleeis. Ich merke im Gespräch, dass ich mich kaum entschleunigt bekomme und wir quatschen (sorry, ich war wie ein Wasserfall am Sprudeln), bis die Sonne unter ging.
Nach Hause und irgendwas auf D-Max angeschaut. Interessant die Werbeblöcke, die allesamt aus einen schlechten Albtraum von Slavoj Zizek zu stammen scheinen. Ich beschließe, noch weniger zu fernsehen.
Ich grüße, ich winke, ich danke – und Tschüss!
I like my bike
Gestern war nicht mein erster Tag des Lokalitäten-Scoutings, aber der bisher intensivste. Ich muss kurz in mich gehen, um alles zusammen zu bringen. Gespräche führte ich mit Seifen-Horst, Café St. Martin, Concorde, Salon des Amateurs, Eiscafé Adria, KiT und Pechmarie. Mehrmals erfolglos war ich im Apartment (man kündigte mir an, dass die Geschäftsführerin erst um 20 Uhr anzutreffen sei, doch ich hoffte auf ein kleines Wunder, da ich das Halbfinalespiel möglichst weiträumig meiden wollte. Eine unheilbare Allergie. Schlimm, aber nicht wirklich schlimm). Im Galapagoz und Studio 1 hatte ich auch kein Glück. Und dann irrte ich noch erfolglos (weil kein Ziel vorgegeben) 1 Stunde in Derendorf und Pempelfort umher.
Zwischendurch immer wieder kurzer Stopp an meiner Homebase „süße Erinnerung“ in der Brunnenstraße und mit Valerie dann Mittags noch einige Fotos geschossen. Welch ein großartiger Mensch doch Valerie ist (wie ich sowieso viele tolle Menschen bei der Vorbereitung treffen darf). Obiges Bild ist von ihm. Ständig mussten wir die Straße wegen Autos und Straßenbahnen räumen. Vielen Dank für seine Geduld.
Gegen 19:30 Uhr radelte ich dann Richtung Wohnung. Mein Hintern schmerzte vom schlechten Sattel, der Kopf dröhnte leicht von all den Gesprächen und der schwülen Hitze. Da entdeckte ich eine Give-Box am Kirchplatz. Neugierig steckte ich die Nase hinter den Vorhang und erblickte einen Stapel Schallplatten. Oh, oh, ohhhh!!! Ich danke dem edlen Spender. You made my evening!
So langsam füllt sich mein Kalender für August. Heute werde ich mal eine Karte anlegen, um die Verteilung der Lokalitäten zu prüfen. Mich dünkt, ich bin aus Bequemlichkeit und Unwissenheit etwas Bilk-lastig.
Huch!
Ich werde offensichtlich gelesen, womit ich eigenartigerweise nicht rechnete. Insofern hier ein Lebenszeichen von mir. Haru Specks ist in Vorbereitung zu seiner nächsten Tour als menschliche Jukebox. Die nächsten Tage mehr dazu. Versprochen.
Nein, es geht nicht mehr weiter
Alle kennen Kraftwerk und alle lieben Kraftwerk. Diese Elektronik, diese Romantik, diese Stringenz, dieser Pioniergeist! Ich heuchle ein wenig, denn sosehr das vor fast 30 Jahren noch stimmte, sosehr wurden sie zwischenzeitlich rechts und links überholt. Meine Meinung: „Computerwelt“ von 1981 war das letzte wichtige Album von Kraftwerk, der Rest ist ein Zementieren des Status Quo ohne Aussicht auf einen Paradigmenwechsel.
Das ist auch nicht das eigentlich schlimme. Fürchterlich empfinde ich nur, wie seit Jahren Kraftwerk-Tracks als Steinbruch für verunglückte Musiker aufgefasst wird, um sich selbst eine vermeintliche Hipness zu verschaffen. Ob auf präparierten Klavieren, unpräparierten Streichinstrumenten oder mit dem Akkordeonorchester: viele Menschen scheinen es für revolutionär zu halten, diese angeblich so kalte, elektronische Musik auf akustischen Instrumenten zu reproduzieren.
Da lobe ich mir Senor Coconut, der diesen Ringelpitz vor gefühlten Jahrzehnten begann, indem er Kraftwerk südamerikanisch interpretierte. Was natürlich funktioniert, warum auch nicht?
Wenn tatsächlich die Auseinandersetzung mit früher Elektronik die Triebkraft sein sollte, dann wünsche zumindest ich mir die konkrete Ausweitung des Repertoires mit frühen Ultravox!, dem frühen John Foxx und – warum nicht? – Japan. Oder lieber doch nicht. Bitte, liebe Neoklassiker, reitet weiter auf einen toten Pferd dahin und macht euer Publikum staunen. Wenn es irgend jemandes Miete bezahlt, soll es gut sein. Aber bitte aufhören, das mit Klassik oder Kunst in Verbindung zu bringen. Es ist nichts anderes als Gebrauchsmusik. Was zumindest die frühen Kraftwerk keinesfalls als Beleidigung verstanden hätten.
http://youtu.be/LMdWIBciPnM
Dies sind die Pausen
Gute Musik handelt mitunter von guter Musik. Und so kann ich nun ganz einfach von Palais Schaumburg zu Kurtis Blow springen. Wie das geht? Achtung…
Ich hatte 1982 oder -83 die Chance, zum zweiten Male Palais Schaumburg live zu hören. Dieses Mal leider nicht mehr mit Holger Hiller, der kurz zuvor ausstieg. Das Konzert fand in Stuttgart in einer Disco statt und wir bummelten gemütlich rein, um von irren Sounds empfangen zu werden. Das Szenario war wie folgt:
auf der Bühne stand ein Typ im Trainingsanzug hinter dem Mikro und plapperte rhythmisch drauflos, während hinter ihm ein zweiter Typ hinter 2 Plattenspielern stand und die irrwitzigsten Dinge mit ihnen anstellte. Kurtis Blow im Vorprogramm von Palais Schaumburg und das Publikum bestand aus amerikanischen Soldaten, die zu feiern wussten. Hip Hop war zu jener Zeit noch kein Begriff und Rap bestand aus Sugarhills „Rapper’s Delight“. Wer ahnte da schon, was folgen sollte?
Kurtis Blow ist oldest school, ein sympathischer Dampfplauderer mit melodischer Stimme, der gerne Party machte und zwischendurch ein wenig Nachhilfe in Stolz und „Finger weg von den Drogen!“ machte. Nachfolgender Song fällt etwas aus seinem Schema raus, ist aber durch sein Piano umso erhebender.
PS: wir fingen sofort Feuer und tanzten wie wild zu Kurtis und seinen DJ. Als er fertig war, flohen alle GIs und die gelangweilten, hippen Szeneleute schlurften von der Bar zur Bühne, um Palais Schaumburg zu erwarten. Wir hielten den Bruch nicht aus und gingen während des zweiten Songs.
Ich bin ein Schaffner
Anfang der Achtziger verschenkte „Das Büro“ (aka Atatak) eine Kassette von Thomas Fehlmann und Holger Hiller (Bild links) namens „Wir bauen eine neue Stadt“ als Weihnachtsgabe für treue Kunden. Wie auch immer: ein mir Bekannter hatte dieses Tape und ich genoß die Musik in vollen Zügen.
Fehlmann und Hiller waren damals Bestandteile der von mir zutiefst verehrten Band „Palais Schaumburg“ aus Hamburg. Zumindest solange Holger Hiller Mitglied war (also 2 Singles, 1 Samplerbeitrag und ein Album lang, soweit mich die Erinnerung nicht trügt). Es war Holger Hiller, dieser hohlwangige Schlaks, der mich mit seiner Stimme und diesen abstrusen Texten in den Bann schlug. So war ich natürlich hoch erfreut über diese Kassette.
„Wir bauen eine neue Stadt“ ist eine Kinderoper von Paul Hindemith, 1930 geschrieben. Die Kinder bauen sich eine Stadt und bevölkern sie auch. Sie spielen Erwachsene: Schaffner, Lehrer, aber auch Polizisten und Diebe kommen darin vor, die alles, aber auch wirklich alles klauen. Selbst den Pudel von Frau Lehmann. Hiller und Fehlmann spielten die kurzen Lieder im besten Sinne naiv – also ohne jegliche Ironie – ein. Es ist ein kleines Wunder.
Mitte der 90er Jahre hatte ich dann Gelegenheit, Kurt Dahlke (Labelinhaber von Atatak, Ehemals Mitglied bei „Der Plan“, Solo unterwegs zur Zeit als Pyrolator und in -zig großartige Projekte verstrickt) auf dieses Tape anzusprechen, da ich meines über 10 Jahre vorher zurückgeben musste. Und tatsächlich schenkte er mir eines dieser wirklich raren Teile. Ich spielte es auf langen Autofahrten so oft meinen Kindern vor, bis wir jedes Lied auswendig singen konnten.
Vinyl on Demand sei noch erwähnt, die die kurze Kassette als einseitige Vinylscheibe veröffentlichten. Mögen sie lange und gesund und glücklich leben.
Dieser kleine Mann hatte eine Aufgabe
Schlechte Insiderkalauer könnten wie folgt beginnen: was haben Tim Buckley und Bruce Lee gemeinsam? Du bist kein Insider? Dann muss ich mich auch schon nicht ob des schlechten Witzes schämen. Ich sollte die Scham nicht vom Entdecken abhängig machen? Gut, ich schäme mich also freiwillig.
Mit 13 Jahren erhielt ich einen Ferienjob, der wie ein Lottogewinn anmutet: ich arbeitete in einen Schallplattengeschäft und achtete darauf, dass keiner Platten klaut. Die Bezahlung war für damalige Verhältnisse und den Aufwand geradezu fürstlich (6 Mark die Stunde) und tatsächlich fasste ich nie auch nur einen Dieb, doch dafür stieg ich innerhalb weniger Tage zum Aushilfsverkäufer auf.
Was hat man mit 13 Jahren schon groß anzumelden, wenn alle um dich gefühlte 50 Jahre älter sind? Wenn man etwas Grips im Kopf hat hält man ungefragt den Mund und hört gut zu. So wurde ich in diesen zarten Alter mit wirren Zeugs wie Mahavishnu Orchestra oder Mahagony Rush konfrontiert. War gar nicht so schlimm und einiges blieb auch hängen (Ramones natürlich, aber auch The Hybrid Kids oder Gang of Four). Anfangs versuchte ich, mich dezent bei den Älteren einzuschmeicheln, dann übernahm ich die eine oder andere Marotte des Hauptverkäufers, um mich vermeintlich interessiert zu geben.
Eine Vorliebe meines launigen Chefverkäufers war Tim Buckley, den ich einfach so übernahm. Ich kaufte mir als Einstieg „Goodbye and Hello“ und danach pflichtbewusst alles, was ich habhaft werden konnte. Und es erfasste mich sogleich. Die ausschweifenden Erklärungen meines Meisterverkäufers ergingen sich in Tim Buckleys Oktavenumfanges, wie auch der groß ausgelebten Leidens-, wie auch alle anderen Formen von Emotionsfähigkeites im Gesang. Ich hörte ihm zu, wie er „Sweet Surrender“ einen farbigen Kunden „blind“ (ohne irgendwelche Infomationen) vorspielte. Er konnte es nach dem Hören nicht glauben, dass Buckley ein Weissbrot war. Und tatsächlich ist es es ja herzknetend bis -zerreissend, wie Tim B. wimmert, jammert, fleht und bibbert, um zwischendurch dann zu grunzen und zu kreischen. Ach, hören Sie doch selbst einfach! Das blaue „Sweet Surrender“ ein paar Zeilen weiter oben ist ein Link zum Video.
Doch dann kam Punk und ich sagte meinen früheren Vorlieben (wie auch Deep Purple und Queen) leichten Herzens „Lebewohl“, um Tim Buckley fast zu vergessen. Doch als ich irgendwann mit meinen vermeintlich früheren Musiksturm (siehe auch: „Bildersturm“) fertig war und ich mit meiner Vergangenheit Frieden schloss war auch Tim Buckley wieder in meinem Herzen. Und Dank des Internets kann ich ihn nun nun endlich auch sehen, welch ein famoser Kerl Tim Buckley doch war. Ich erhebe ihn zu Ehren mein Glas, der viel, viel, viel zu Früh diesen Planeten verließ.
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