Ob das Leben ein Kampf oder nur ein Spiel ist, sagt mehr über den Sprecher als über das Leben selbst aus. Das Leben ist kein Spiel. Aber immer nur kämpfen… das geht halt irgendwann an die Substanz.
Ich gestehe mir zu, offen über manche meiner Schwächen zu schreiben, was dann oftmals als Weicheierei verstanden wird. Ich kann das nachvollziehen, da Gejammere nervt und die Gesellschaft Sieger liebt. Ich persönlich mag nicht den Sieger, der angekommen ist. Ich mag den Kämpfer, der auch mal auf die Fresse fällt und mit blutiger Nase aufsteht, um weiter zu machen. Denn so ist das Leben.
„Sei nicht so undankbar, vielen geht es noch viel, viel schlimmer“. Das ist richtig. Und ich bin dankbar, dass ich ein Dach über dem Kopf und ein Bett zum schlafen habe. Ich muss auch nicht verhungern und kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Und trotzdem bricht manchmal das große Elend über mich herein. Und wer nie unglücklich in seinen Leben ist, der hat meiner Meinung nach ein echtes Problem.
So viele Worte der Einleitung, aber das musste mal raus. Denn ich will über den Blues schreiben. Nicht diesen elektrischen Blues mit stundenlangen Gitarrengekniddele. Auch nicht den rauchgeschwängerten Crooner-Blues, zu dem sich Cocktails schwenken lassen. Ich meine den Blues, der aus dem tiefsten Schmerz, aus der Hölle der Seele aufsteigt und das Licht sucht. Niemand hat diesen Blues besser dargestellt, als Baby Huey, der arme, fette Baby Huey.
Aber er hinterließ einen Song, den ich jedes Mal höre, wenn ich kein Licht mehr sehe. Es ist der Soulklassiker „A Change Is Gonna Come“ von Sam Cooke. Schon die erste Zeile schmerzt mich „I was born by the river in a little tent“. Baby Huey zieht das erste Wort „I“ lang, sehr lang. Wie die Versicherung, dass er tatsächlich existiert. Baby Hueys Interpretation ist schmerzhaft. All die Schmähungen und Verletzungen sind ebenso hörbar, wie seine zarte Seele, die eigentlich genug von all dem hat. Dieses „Saaaaaaayyyy!“, diesen unglaublichen Schrei den er loslässt, bevor er davon berichtet, dass er seine Brüder um Hilfe bat und doch wieder nur Schläge erhielt… sind ein Zeugnis menschlichen Leidens in seiner tiefsten und unmittelbarsten Art und Weise.
Er singt davon, dass er einst glaubte, das er es nicht lange machen würde aber nun wüsste, dass eine Veränderung kommt… erwies sich leider nicht als wahr. Baby Huey, ich danke Dir für dieses Lied. Es schmerzt mich jedes Mal, es zu hören. Doch am Ende des Songs hast Du mich aufgerichtet. Danke.
Super! Ich schrieb mir gerade einen Wolf über Religion, Familie, Drogen und der Rave- und Elektro-Szene, um festzustellen, dass ich doch eigentlich nur wenig Plan habe, da ich – wenn überhaupt – nur Zaungast war.
Aber egal. Ich will eine Gruppe hochleben lassen, die sich nach einer Phrase des Fassbinderfilmes „Angst essen Seele auf“ benannten: GusGus (eigentlich Couscous, wonach der „Held“ des Filmes immer wieder Appetit hatte) aus Island.
Wer sich nach einen Fassbinderfilm benennt, muss was mit Kunst am Hut haben. Und genau: GusGus war (ist?) eine ziemlich große Gruppe von Kunststudenten, die auch irgendwie gemeinsam Musik machten.
Meine erste Begegnung mit ihnen war durch das Video „Starlovers“, welches mich sowohl inhaltlich, wie auch visuell und musikalisch fasziniert:
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Was wir da haben? Klar, der Club ist die Kirche und gemeinsam erlebt man Ekstase und Befreiung. Doch der Hinweis, dass „sie“ Führung von oben benötigen, ist da dann auch gleich die kritische Botschaft. Die Masse ist dumm und braucht Anleitung. Sowohl in der Kirche, wie auch im Club (im Stadion, wo auch immer viele Menschen zusammen kommen und irgendwie zielgerichtet ausflippen).
Das ist nicht wenig für einen hervorragenden Dancetrack. Was für mich der Unterschied zu zeitgleichen Elektroformationen wie Underworld und Konsorten ausmacht? Der Gesang. Ich empfinde diese gesampleten Gesangsparts oder von mir aus auch gekauften Studiosänger unter dem Strich als meist seelenlos. Aber GusGus haben Soul, sie haben auch den Funk, sind also sexy.
Als Beweis mag der nächste Track genügen. Hier beweisen sich GusGus auch noch als hervorragende Liveband, was im Elektrobereich höchst selten ist, da eben meist ohne taugliche Sänger. Und wieder haben wir es mit religiösen Themen zu tun und wieder passt es perfekt in das Clubfeeling der 90er.
http://youtu.be/-906AoxuqTg
Gerade las ich den Wiki-Eintrag über GusGus nach und mein verwirrter Eindruck von ihnen fand da Bestätigung. Sie wechselten immer wieder die Besetzungen und Stile. Auch wenn sie ihre Musik Techno/Soul nennen, ist für mich der Anteil an Techno verschwindend gering. Das IST Soul, tiefer Soul. Die Performance erinnert gar an eine Gospelmesse mit den schon oben genannten Ausbrüchen: Einkehr und Ekstase bis zur Verzückung. Mann, ist das gut.
Das Video zu „Polyesterday“ mit seinen surrealen Momenten und schönen Filmzitaten macht nun auch klar, dass GusGus eben aus einem Filmprojekt entstanden.
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Doch verändert aber immer noch gut eine aktuelle Nummer namens „Add this song“ (schon mal ein großartiger Titel). Funzt immer noch gut. Gute Sänger machen halt den Unterschied.
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Es gibt so viele Formen von Musik und nicht jede ist dazu da, um mitgepfiffen zu werden. Eine davon ist die sogenannte Minimal Music und einer der bekanntesten Vertreter davon ist Steve Reich.
Steve Reich arbeitet sehr viel mit sogenannten Patterns: kleinste Melodiefloskeln, die von mehreren Instrumenten gespielt werden. Dabei verschieben sich die Tempi der einzelnen Instrumente leicht, so dass eine Interaktion zwischen diesen kleinen Melodien beginnt. Es beginnt zu Flirren, bis zu einen Rauschen bis irgendwann die Bögen wieder deckungsgleich sind.
Das Ergebnis ist für manche Ohren nicht sonderlich interessant und ich wage zu behaupten, dass es einer tieferen Auseinandersetzung mit Musik bedarf, um diese Form von Musik zu genießen. Für die Musiker ist es mitunter Schwerstarbeit, genau zu arbeiten, damit sich der gewünschte Effekt einstellt.
Bei diesen Video spielt Rob Kovacs „Piano Phase“, welches eigentlich für zwei Musiker vorgesehen war. Die Qualität des Videos lässt zu wünschen übrig. Die Leistung Robs sicherlich nicht. Atemberaubend.
PS: vielen Dank an „Wall E“, der folgende Korrektur sandte:
“Dabei verschieben sich die Tempi der einzelnen Instrumente leicht, so dass eine Interaktion zwischen diesen kleinen Melodien beginnt.” Das ist nicht richtig. Die Betonungen innerhalb der Patterns verschieben sich, oder auch einzelne Töne der Patterns verändern sich, aber nicht das Tempo.
Zudem ist ‘Pattern’, was an sich ein Anglzismus ist, nicht mit Melodiefloskel zu übersetzen, sondern mit Grundmuster oder Motiv.
Als Kind der 60er und Sohn eines Fernsehmechanikers kenne ich die alten Showformate: Peter Frankenfeld, Wim Thoelke und all die Haudegen hatten immer ein großes Orchester hinter sich. Und vor dem Orchester stand dann immer ein Mann, der swingend die Musiker dirigierte.
Meine beiden Lieblinge waren Max Greger und Paul Kuhn. Max Greger beeindruckte mich durch sein forsches Saxophonspiel und die dicken Kotelleten, während Paul Kuhn eher der verschmitzte und witzige war.
Es dauerte Jahrzehnte, bis ich die Geschichten hinter diesen Männern erfuhr. Sie stammten eigentlich aus dem dicken, derben Jazz und Max Greger galt als einer der besten Bebop-Saxophonisten. Aber wie so oft mussten sie durch mehr oder weniger anspruchsvolle Gebrauchsmusik die Miete einfahren.
Ich sah Paul Kuhn zwei Mal im kleinen Savoy in Düsseldorf. Jedes Mal hatte er einen Schlagzeuger und einen Bassisten dabei. Also die klassische Trioformation des Jazz. Die Musik, die sie spielten, war nun alles andere als extrem experimentell und trotzdem weit weg von dem „Mann am Klavier“ oder „Es gibt kein Bier auf Hawaii“, mit denen man Paul Kuhn allgemein verbindet. Sein Trademark-Song war Tom Jobims „Wave“ und tatsächlich spielte er es ähnlich leicht und fließend, wie man es vom Original her kannte.
Schon damals wirkte er etwas zittrig und alt halt. Und heute ist er mit 85 Jahren gestorben. Wave goodbye, Paul Kuhn. Ich mag Dich sehr.
Nein, ich bin kein Verehrer der ersten Stunde. Es ist eigentlich viel schlimmer: ich habe noch nie bewusst ein Stück von Black Flag, diesen Monuments des amerikanischen Punks, gehört.
Ich rutschte da rein. Andreas, alter Kumpel in den 80er Jahren, machte Zivildienst bei Ravensburg. Das ist in der Nähe des Bodensees. Das ist so tiefe Provinz, das willst Du gar nicht wissen. Das ist so tiefe Provinz, dass damals junge Männer des Nachts mit ihren Autos gelangweilt über die Landstraßen fuhren, um Fremden eine Einholjagd über die kurvenreichen, engen Straßen zu liefern.
Also Andreas… der spielte fantastisch Schlagzeug und hatte sogar den „funky drummer“ drauf. Auch wenn man dies seinem verschlafenen Naturell nicht im geringsten zugetraut hätte. Damals spielte er bei einer kleinen Band mit, die ein Seitenableger von Stereo MC’s war und wodurch er irgendwie in die Tourszene rutschte. Er lud mich also nach Ravensburg in das dortige Jugendzentrum ein, da Henry Rollins dort auf seiner ersten Solotournee Zwischenstopp machen würde.
Die Spex brachte gerade ein Interview mit Rollins heraus und ich fand das alles höchstinteressant von den Aussagen her. Er schien ein belesener Berserker zu sein, der dorthin geht, wo es weh tut. Zur Not nach Ravensburg, haha! Nein… er meinte, er habe Angst vor den Strapazen von Tourneen, weshalb er nun für einige Jahre unterwegs sei.
Das machte Eindruck bei mir. Und da ich die Provinz und Andreas mag, trampte ich nach Ravensburg. Das Jugendzentrum war erbärmlich leer. Vielleicht 10 – 15 Personen lümmelten herum. Das Vorpgramm waren wahnsinnige Holländer namens „Gore„. Ein Trio, welches instrumental soooooooooooo wahnsinnig laut und dröhnend und schleppend spielte, dass ich irgendwie hin und weg war. Sie waren so laut, dass der Schalldruck mich nach hinten drückte, um mich bei den Breaks nach vorne zu saugen. Mann, war ich beeindruckt, wie wenig sie die geringe Anzahl an Menschen beeindruckte. Sie spielten konzentriert und auf den Punkt ihren Kram runter, um dann ganz unspektakulär das Feld zu räumen.
Die nächste Band, also die Rollins Band. Ein kleiner, durchtrainierter Typ, tätowiert wie ein Freak (sorry, das war in den 80ern noch etwas besonderes), nur in einer kurzen Turnhose bekleidet baute alles brav und in sich gekehrt auf, die Band stöpselte ihren Kram in die Verstärker und der kurze ging mit gesenkten Haupt zum Mikro und nuschelte „Good evening“ ins Mikro, um dann „AND GOOD LUCK!“ zu brüllen. Dann brach die Band los und der Kurze hechelte atemlos „I LOVE YOU, I LOVE YOU, I LOVE YOU!“ 5 geschlagene Minuten.
Ich schaute Andreas fassungslos an, doch der grinste nur wissend, da er ja schon einige Wochen mit den Jungs auf Tour war. Die Band prügelte so erbarmungslos laut den plötzlich so klein wirkenden Raum und Rollins schien allein den Vietnamkrieg nachspielen zu wollen. Es war bizzar, ekstatisch, verstörend. Wie Rock n Roll halt sein soll.
Ich verlor jedes Zeitgefühl und nach 20 Minuten oder 3 Stunden waren sie fertig. Ich auch. Meine Ohren pfiffen wie Teekessel, weshalb ich den Bassisten anschrie, ob sie immer so laut spielen würden. Da verriet ich wohl den Popper in mir, da er verwundert meinte, sie würden höchstens noch halb so laut wie zu Black Flag-Zeiten spielen.
Einige Jahrzehnte später gab es einen Spoken-Words-Vortrag von Henry Rollins im Savoy in Düsseldorf. Wieder hatte ich glückliche Umstände, wodurch ich dem ganzen beiwohnen durfte. Henry und ich waren älter, aber immer noch irgendwie heiss. Er stand auf der Bühne und plauderte Anekdoten und Geschichten aus seinen Leben und wir lachten oft und herzhaft.
Natürlich hatte ich eine Schallplatte zum Signieren dabei. Und zwar die Wartime, einen Sideproject Rollins mit seinem Bassisten. Er erzählte schon in der alten Spex-Ausgabe von dem Vorhaben: er wolle eine Platte herausbringen, die mit GoGo-Beats unterlegt sei und ansonsten nur Bässe anböte. Klang klasse, weshalb ich mir die Scheibe blind kaufte. Und oh yeah: „The whole truth“ kickt Ärsche.
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Marina ermöglichte mir also, dass ich Henry Rollins Backstage belästigen durfte. Ich hasse sowas total, aber manchmal muss man ein Schwein sein. Ich klopfte also an die Tür und Henry Rollins saß mit Lesebrille am Laptop und schrieb E-Mails. Ich wollte es kurz für ihn machen, weshalb ich gleich mit meinem Wunsch nach einer „Fuck you!“-Widmung herausrückte. Normalerweise ist dies der Punkt, an dem dann mein gegenüber fragt, was das solle. Nicht so Rollins. Ganz kühl schrieb er also „Fuck you, Diethelm!“, um dann anzumerken, dass die Scheibe zwischenzeitlich schwer gesucht sei. Ha! Doch noch eine Reaktion. Die Audienz beim Papst hat sich für mich gelohnt.
Ach so… Die Intro bringt also eine Kolumne von Henry Rollins raus. Lesenswert und kurzweilig, wie man es von ihm erwartet. Meine Empfehlung.
Und noch ein Bonbon: Rollins spricht über seinen Mentor Iggy Pop. Must see and listen.
http://youtu.be/vOjjY-Pp_og
Die meisten meiner Musikfreunde hatten schon im Mai die Nase gestrichen voll von „Get Lucky“. Zu oft genudelt, zu beliebt und irgendwie auch zu beliebig. Aber ich mochte das Lied mögen, vereint es doch einiges, was ich liebe.
1 | Daft Punk
Da ist natürlich erst mal Daft Punk, die gerade mal 4 Alben in 20 Jahren kickten. Herrje, 4 Alben sind eigentlich nichts. Das haben vor 40 Jahren manche Bands in 2 Jahren auf den Markt geworfen. Aber die Zeiten ändern sich halt.
Daft Punk sind Franzosen und nannten sich vorher irgendwie anders und machten Rock, der nicht ankam. Da waren sie noch ein Trio. Der Dritte im Bunde verzog sich zu einer Band namens „Phoenix“ (und interessanterweise beginnt „Get Lucky“ mit den Zeilen „Like the legend of the phoenix – All ends with beginnings“, aber wir wollen mal keine Verschwörungstheorie aufbauen). Die beiden verbliebenen nannten sich also „Daft Punk“ und machten mit komischen House-Zeugs rum, der im sogenannten Filter-House dann Ende der 90er gipfelte. „Around the World“ ist sicherlich noch in jeden Gehörgang und wenn nicht: hier kannste gucken.
Sie ließen sich zur Freude aller Stormtrooper- und Kampfstern Galactica-Fans komische Helme basteln, um ihre Identität zu wahren. Ach herrje, als ob es die Residents nie gegeben hätte. Egal, es geht ja um die Musik.
Daft Punk wurden immer wieder als Erneuerer des Disco-Gedanken gefeiert: Tanzmusik ohne vermeintlichen Inhalt von Maschinen gemacht. Das schmeckte auch dem Feuilleton, war es doch so wunderbar postmodern. Es schmeckte aber auch mir. Also die Musik. Sie hüpften von Filtering zum Sampling zum stumpfesten Rock ohne Problemchen und hatten dabei doch immer einen trademarkigen Sound. Insofern mal kurz zwei Zwischenstationen angehört.
„Harder better faster stronger“ ist von der zweiten Scheibe „Discovery“ (jaja, „Disco very“, haha!). Roland überließ ihnen vor der Markteinführung einen neuen Sampler, den Daft Punk bis zum Abwinken ausreizten, weshalb er dann entsprechend auf dem Markt floppte.
Zum Song: das ist Apple-User-Musik par excelence, bevor Apple wieder auf das analoge Pferd setzte (man beachte die derzeitige Plakataktion des I-Pads). Und 2007 legte Kanye West einfach ein wenig Sprechgesang drauf und alle waren hin und weg.
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Im Gegensatz dazu von der dritten Scheibe „Human after all“ ein Lied, mit dem ich gerne die Leute ein wenig erschrecke. Alles schön mit der Hand gemacht und unerbittlich bis zum Ende gespielt: „Robot Rock“
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Kurzer Seitenschlenker: ähnliche Dekonstruktionen des 80er-Rocks brachten doch auch die auch-Franzosen Ratatat. Ach, die großen Franzosen…
http://youtu.be/H_TqqZ-aGd8
2 | Pharrell Williams Ich bin kein ausgewiesener Fan von Pharell, finde jedoch, dass er nicht wenig Talent besitzt. Alleine seine Produktionen sind nicht ohne: „Kelis, Snoop Dogg, Beyoncé, Justin Timberlake, Mystikal, Jay-Z, N’Sync, Britney Spears, Nelly und Madonna“ zählt Wiki kurz mal auf. Und mit den Neptunes und N.E.R.D. (No-one Ever Really Dies) hat er so manches kühle Ei auf die Schiene genagelt. Vor allem N.E.R.D., da muss ich mal kurz ausholen.
Zuerst mal „She want’s to move“. Ich habe das oft als kleine Geheimwaffe in der Tasche, wenn nichts mehr geht. Dann gehen zumindest doch immer ein paar Frauen auf die Tanzfläche. Wenn man genauer hinhört, fragt man sich, woher dieser Groove genau kommt.
http://www.dailymotion.com/video/x1jczq_n-e-r-d-she-wants-to-move_music
Das Schlagzeug ist komisch eirig, der Bass dezent, aber ambitioniert und dann auch noch eine Akustikgitarre, echte Handclaps und Sustain-Gitarre plus Klaviersprengsel. Kühles Wissen scheint in Pharrell Williams zu hausen. Ein Biest von einen schönen Track.
Ganz anders „Wonderful Place“, ebenfalls von der nicht unerfolgreichen „Fly or die“:
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Das ist doch soooo 70er, so laid back, so Commodores‘ „Easy“ mit seine Gepfeife und akzentuierten Bläsern. Ganz große Kunst in meinen Ohren. Mal abgesehen vom lockeren Umgang mit dem Thema sterben. 3 Daumen.
Kurz zu allen, die mir mit „Blurred Lines“ seit Monaten in den Ohren liegen: ich mag es nicht. Ende der Diskussion.
3 | Nile Rodgers
Ob ich Rodgers-Fan bin? Hat der Papst rote Schuhe an? Wer Pharrell W. als Talent bezeichnet, darf Nile R. in den Olymp heben.
Er begann Anfang der 70er in der Sesame-Street-Band an, jawoll. Ich meine: geht es kühler? Dann war er ein wenig in der Hausband des Apollo-Theaters, was ja auch nicht ohne ist. In der ganzen Zeit spielte er immer wieder mit Bernard Edwards, einen extrem talentierten Bassisten, um mit ihm dann 1977 eine der größten Bands zu gründen: Chic. Ja, der Name ist Programm und ich kenne wenige Bands, die so elegant, so gekonnt, so großartig waren. Beweis? „Dance, dance, dance“:
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Wieviele Disco-Produktionen versuchten sich an diese Form der Instrumentierung? Die Streicher, Bläser, Timbalis: alles ist auf beiläufigen Luxus, auf Glamour und auf lange Nächte ausgerichtet. Inklusive dem, was später der „Disco Call“ genannt wurde: Yowsah, yowsah, yowsah. der tatsächlich aus den 20ern stammt. Wiki:
„The „yowsah, yowsah, yowsah“ of the title, which appears as a spoken interjection in the middle of the song, originated with the American jazz violinist and radio personality Ben Bernie, who popularized it in the 1920s. The phrase was revived in 1969 by They Shoot Horses, Don’t They?, a film about a Depression-era dance marathon.“
Ist da Gesellschaftskritik in den Text gehuscht? Sollte nicht verwundern. Chic präsentierten sich von Anfang an gegen den Strich. Keine afroamerikanischen Hüpfdohlen standen hier vor der Kamera, sondern Typen in Businessanzügen, die es Ernst meinen. Und schließlich war Nile Rodgers mal Mitglied der Black Panthers.
Freak Out kennen wir und auch die anderen Hits. Aber weil es so schön ist, hier nochmals die Perle unter den popigen Discostücken: „I want your love“.
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Von mir aus könnte dieses Stück ewig gehen. Es ist wieder mal elegant, selbstbestimmt im Gesang, gefühlvoll, groovy im Beat, entspannend, zum Tanz oder Champagnergläser schlürfen einladend. Ein Klassiker, an den man sich wohl locker noch in 50 Jahren erinnern wird.
Aber Nile Rodgers produzierte sich auch noch den Popo rund. Seine typische Schreddergitarre war bei Sheila & B. Devotion zu hören, brachte selbige Duran Duran bei, mischte Madonna ab und landete mit „Lost in Music“ mit Sister Sledge gleich noch eine weitere Dancefloor-Nummer für die Ewigkeit. Hier übrigens die Gegenthese zur Aussage „80er Jahre Remixe sind für den Arsch“:
http://youtu.be/zKyrAbN0hS
Und das er zu mehr fähig war, als diese Zickengitarre zeigte er bei David Bowie: das Intro stammte von Nile Rodgers, haha!
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Bernard Edwards ist nun leider schon ein paar Jahre tot und auch Nile Rodgers kämpft mit dem Prostatakrebs. Möge er ihn besiegen und noch viele Jahre vor sich haben.
4 | Daft Punks „Get Lucky“ mit Nile Rodgers und Pharrell Williams
Das also zur Vorgeschichte. Pflichtbewusst schaute ich mir den Video zum Song an und wurde herbst enttäuscht.
http://www.dailymotion.com/video/xzn9cb_clip-daft-punk-get-lucky-official-video_music
Was sagt uns das Video? Buah, back in the 70s, back in Retro. Dicke Tonbandrollen, echte Knöpfe, richtige Instrumente und dazwischen sinnlos erscheinendes Stockmaterial von archive.org. Wie öde ist man zwischenzeitlich bei den Plattenfirmen drauf?
Vergessen wir schnell das Video und achten auf das Lied. Den Text kann man getrost vergessen, ich habe ihn nach Subversivität gescannt und nichts gefunden. Du hast was gefunden? Bitte mittels Kommentar nähere Infos:
(Verse 1) Like the legend of the phoenix All ends with beginnings What keeps the planet spinning The force from the beginning
(Prechorus) We’ve come too far to give up who we are So let’s raise the bar and our cups to the stars
(Chorus) She’s up all night ‚til the sun I’m up all night to get some She’s up all night for good fun I’m up all night to get lucky We’re up all night ‚til the sun We’re up all night to get some We’re up all night for good fun We’re up all night to get lucky
We’re up all night to get lucky (x4)
(Verse 2) The present has no living Your gift keeps on giving What is this I’m feeling? If you wanna leave I’m ready (ahh)
(Prechorus) We’ve come too far to give up who we are So let’s raise the bar and our cups to the stars
(Chorus) She’s up all night ‚til the sun I’m up all night to get some She’s up all night for good fun I’m up all night to get lucky We’re up all night ‚til the sun We’re up all night to get some We’re up all night for good fun We’re up all night to get lucky
We’re up all night to get lucky (x4)
(Bridge) We’re up all night to get lucky (repeated throughout)
(Prechorus) We’ve come too far to give up who we are So let’s raise the bar and our cups to the stars
(Chorus) She’s up all night ‚til the sun I’m up all night to get some She’s up all night for good fun I’m up all night to get lucky We’re up all night ‚til the sun We’re up all night to get some We’re up all night for good fun We’re up all night to get lucky
We’re up all night to get lucky (x8)
Dieser Text gewinnt keinen Preis. Da waren selbst die Disco-Lyrics der 70er interessanter. Und der Rest? Eine kühle Chic-Nummer mit male voice und etwas Vocoder drinn. Ich will mal so sagen: das ist nett. Aber was soll der ganze Hype? Oh, ich widerspreche mir selbst? Das kommt davon, wenn man sich genauer mit Musik auseinandersetzt.
PS: Rührend, wieviele sich an Coverversionen von „Get Lucky“ abarbeiten.
http://youtu.be/s6NDY8FSr9M
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Man findet mich meist auf Flohmärkten oder Second-Hand-Plattenläden, sollte ich frische Beats und Melodien für den Plattenspieler suchen. Doch gerade die letzten Tage habe ich endlich wieder mal „richtig neues“ gekauft. Wobei das dann doch Veröffentlichungen sind, die bis zu fast 1,5 Jahren zurück liegen. Egal. Da das so selten passiert, mal meine Meinung zu der LP und der Maxi.
Omar – The Man (12″ Maxi – Freestyle Records, 2012)
Omar hat sich mit „There’s nothing like this“ schon in den 90ern in mein Herz gefressen. Ein Song so leicht wie ein Soufflé mit einer Bassline für die Ewigkeit. Es geht um die Schönheit des Lebens, den Moment zu zweit und dem Glas Champagner, das dabei nicht fehlen darf. Die 12″ lege ich immer noch gerne zum Sonnenuntergangs-Schallplattenauflegen auf.
Vor Monaten stolperte ich dann über einen neuen Track namens „The Man“. Omar singt dabei live auf den Straßen Kopenhagens. Oh, er hatte mich sofort wieder. Was für ein Talent, was für eine Stimme.
Heute Vormittag postete ich dieses Video noch auf facebook, um dann heute Nachmittag höchst erfreut die Maxi im Plattenladen zu entdecken. Ich habe jede Budgetbedenken über Bord geworfen und die 10,50 € auf den Tisch geknallt. Hier also endlich meine Meinung zum Werk:
1) The Man [:04:14]
Die viermütige Originalversion. Wieder mit einer tollen Bassline, jedoch von einem Fagott oder ähnlichen Holzblasinstrument gespielt. Omar hat wirklich ein Gespür für starke Melodien und weiß diese mit Hingabe und Leichtigkeit zu entfalten. Wunderschöne Breaks und Bridges, feinste Streicher dazwischen: großartig!
2) The Man (Shafiq Husayn Remix) [:04:05]
Ein eher hiphop-artiger Remix mit leichten House-Einflüssen. Nicht wirklich schlecht, aber keine Bereicherung an sich.
3) The Man (Maddslinky Remix) [:04:38]
Überflüssig wie der zweite Weltkrieg. Hochgepitchte House-Ware, wie sie in den 90ern schon als uninteressant befunden wurde. Schrecklich doofes Füllmaterial. NEXT!
4) There’s Nothing Like This feat. Pino Palladino [:05:23]
Okay, das rechtfertigt die 12″ gerade noch: eine akustisch beginnende Version des Klassikers, der immer jazziger auftrumpft. Schöne Version, Danke!
Fazit: eine 7″ mit der Originalversion und als B-Seite „There’s nothing like this“ wäre es tatsächlich gewesen. Der Titeltrack bekommt 9 von 10, die Maxi an sich 5 von 10 Punkten.
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Matthew E. White – Big Inner (LP, Domino Records 2013)
Eine ganz bestimmte Form von Schönheit erfreut mich immer mehr, je älter ich werde. Sie hat mit Ruhe, innerer Kraft, sicheren Melodien und Liebe zu tun und wird von Musikern wie Lambchop oder auch Robert Wyatt geliefert.
Den Song „Big Love“ hörte ich schon vor Monaten und war – was mir zwischenzeitlich selten widerfährt – sofort elektrisiert. Dieses Piano, der nervöse Bass, diese ruhige Stimme und der – wie soll ich es denn anders benennen? – durchgeknallte Chor, das Umkippen in ProgRock… In meinen Kopf explodieren sofort die Synapsen, ich denke an 40 Dinge gleichzeitig und spüre tiefe, tiefe Freude. Da ist sie wieder, diese Magie der Musik: allbekanntes Neuland wird betreten. Ja, das sind Bäume und das da Felsen und hier Tiere. Doch in neuen Formen, nie gesehenen Arten. Ich atme frische Luft und glaube sofort wieder, dass das Leben unendlich ist.
Matthew E. White ist einer, der mit seinem Aussehen extremes Talent braucht, um durchzukommen. Das ist nicht verächtlich gemeint, nein. Aber in Zeiten des glattgebügelten wirkt er außen vor. Zu dick, zu unchique Haare, zu komisch der Bart. Und dann auch noch ein weißer Anzug. Aber so sehen halt die Menschen aus und das ist das schöne an Musik, dass die innere Schönheit, die sich durch die Töne zeigt, das Äußere im neuen Licht erscheinen lässt. Und so ist Matthew ein wunderschöner, eigenartiger Mensch. Aber zurück zur Musik.
Da ist soulerfüllter Country, Anleihen an Jazz, Singer/Songwriter und Spuren von Folk. Matthews Gesang ist schüchtern, aber erhaben. Ein Mann, der keine Angst vor Schönheit hat. Dabei strahlen die Songs eine Zuversicht aus, die so ganz anders ist, als die leicht gequälte Huscherei von z.B. Bon Iver. Es erscheinen Bläser, Streicher und Chöre, die nicht Effekte haschen, sondern die Lieder einfach noch größer und schöner machen.
In der LP ist ein Brief von Matthew an den Hörer (und natürlich auch ein MP3-Download, sowie die Texte auf dem Innersleeve), der mich rührte. Er erzählt von seinem Dorf und den Musikern des Dorfes und das dies „lokale“ Musik sei, die von den Menschen des Dorfes und den Musikern handele. Ich konnte dies sofort nachvollziehen und spüren. Es ist eine aufrichtige, eine wahre Platte voller Schönheit. Lang lebe Matthew E. White und seine Freunde. 9,5 von 10 Punkten.
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Ein interessantes Gespräch über Diven vor einigen Tagen ließ mich ausführlich über Grace Jones nachdenken. Nun könnte ich einen ausführlichen und gut recherchierten Blogbeitrag schreiben, aber mir fehlt die Zeit. Insofern streue ich hier mal einige Gedanken aus.
Androgyne It-Girls
Das erste androgyne It-Girl war zwar Twiggy, doch die ignoriere ich einfach mal. Auch wenn sie ein Gegenentwurf zu den „Vollblut-Weibern“ der 50er und 60er war, zweifelte keiner daran, dass sie ein Mädchen ist. Schließlich trug sie einen Rock. Mini-Rock, um ganz genau zu sein.
In meiner Erinnerung war die erste der 70er, die mich heranwachsenden erreichte, Amanda Lear. Interessanterweise ist ihr Geburtsort laut Wiki nicht geklärt. Hanoi? Hongkong? Saigon? Auf jeden Fall extrem exotisch. Hier beginnt eigentlich schon die Inszenierung.
Kurz mal das Halbwissen abgespult: sie war Muse von Salvadore Dali, aber auch Freundin von Bryan Ferrry. Nebenbei modelte sie kräftig herum, fällt aber niemanden groß auf. Bis auf ihr bezauberndes Cameo auf einer Roxy Music-Platte.
Wie gesagt, ich habe das nicht abgeklopft und recherchiert, aber dann erscheint ihre erste Single „La Bagarre“ und auf der Rückseite steht ein Pressetext, der Amanda als die Ex-Freundin vorstellt. Die Ex vom Bowie, von Lennon, von Eno, von Harrisson. Die hübsche Muse halt, die nun zu singen beginnt.
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Okay, schon bei dieser Nummer sind die schwachen Gesangskünste von Amanda Lear unüberhörbar. Man produzierte eine Serge-Gainsbourg-artige Nummer, die im Original „Trouble“ hieß, steckte sie in schwarzes Leder und ließ sie groß ihren Mund aufreissen. Zack, gab es einen Plattenvertrag über 6 Alben. Glory days!
Der Rest ist Geschichte und nicht unbedingt wert, weiter ausgeführt zu werden. Worauf ich jedoch hinaus wollte: irgendwann gab es das Gerücht, sie sei eigentlich gar keine Frau und habe keine „Mumu“, sondern ein halb umgewandelter Mann. Ich denke, dies war eine Reaktion der sehr verunsicherten Männer der 70er, die mit ihrer (eigentlich nicht sonderlich überzeugend dargestellten) Dominanz einfach nicht dem Frauenbild entsprechen wollte.
Überzeugender: Grace Jones
Grace Jones ist in Jamaica geboren, was man nicht nur auf Wiki lesen, sondern auf „Slave to the Rhythm“ im Intro hören kann. Eine gute Bekannte aus New York behauptet jedoch Stock und Steif, sie seit ihrer Kindheit zu kennen. Ja, sie sei New Yorkerin. Ich lege dies im Fach „gesteuerte Legendenbildung“ ab, was ja zu jeder Diva gehört.
Und so modelte sich Grace Jones auch durch die Szene. Ihr Liebhaber Jean-Paul Goude soll schon während der früheren 70er beratend bzw gestaltend an ihr gewirkt haben.
Kurz die Parallelen zu Amanda Lear: großgewachsene, hochwangige Models mit dominantem Image. Beide fangen das erfolgreich Singen an. Beiden haftete den Geschmack des Geschöpfes an.
Doch während Amanda Lear als halber Mann angesehen wurde, war das Image von Grace Jones schon damals erschütternder. Ja, sie sei eine Frau. Aber sie habe eine Vagina Dentata. Nuff said, diese Frau macht Männern Angst.
Und tatsächlich schürte sie durch ihr Auftreten das Feuer der Gerüchte eher Angst. Schon in „I need a man“ macht sie klar, dass sie nicht lange rumfackeln will, sondern schnell mal einen Kerl braucht. Aber auch in ihren inszenierten Shootings unterstreicht sie das animalische. Nackig in einen Käfig mit rohem Fleisch als Nahrung? Mehr Klischees von wegen der schwarzen, wilden Frau passen kaum auf ein Foto.
Klar, das wurde auch damals schon diskutiert. Und hätte sie langweilige Musik gemacht, wäre das auch kein Fall für diesen Blog. Aber: sie machte geradezu hervorragende Musik. Und das von ihrem ersten Album Portfolio ab.
Die Zaubernummer nannte sich „La vie en Rose“ und war eine hübsche, langsame Discoversion des Edith Piaf-Stückes. Okay, ich war erst 15 Jahre alt, aber schon damals fasziniert, wie Frauen im Club auf diese Nummer abgingen. Und es war auch gleich klar: Grace Jones kann singen. Im Gegensatz zu Amanda Lear.
Die nächsten beiden Alben „Fame“ und „Muse“ verfolgt sie diese Linie weiter, wobei man trotzdem auf die gekonnten Artworks der Alben verweisen muss. Bis hierhin könnte man auch behaupten, dass die Karrieren von Grace Jones und Amanda Lear im Ungefähren parallel verliefen. Doch so richtig gefährlich wurde es mit Grace Jones‘ 4. Album „Warm Leatherette“.
Kennste nicht? Klar kennste das. Im Original einer der Elektroklassiker aus dem Hause Mute. Hier einfach mal die Version Von „The Normal“:
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Ach, dieser Track alleine ist ein Blog wert. Aber wahrscheinlich kennst Du die Hintergründe schon. Wenn nicht, kannst Du hier schnell nachlesen. Aber zurück zu Grace Jones. Blackwell, Sly & Robbie, herrje. Auch hier die Details zum nachlesen. Auf dieser Platte fand sie zu ihren Stil, den sie immer weiter ausbaute: Coolness und großartige Beats und nahezu perfekte Produktionen. Her mit der Peitsche!
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Und zwischenzeitlich schnitzt Goude immer weiter am visuellen Erscheinungsbild von ihr. Eigentlich ein absolutes Traumpaar. Wie zukunftsweisend und gekonnt er den doch schon ganz passablen Körper Jones‘ dekonstruiert, ohne künstlich wirken zu lassen, zeigt das linke Bild. Vielleicht bist Du cleverer gewesen, doch ich ging damals einfach davon aus, dass Grace Jones sich so bewegen könne (was ja viel auch über meine damalige Naivität aussagt).
Ich gebe mal Gas. Nightclubbing explodierte dann wie eine Bombe. Wir hörten diese Platte nicht, wir frassen sie, wir badeten darin, wir träumten in ihr regelrecht. Iggy Pop covern? Welch ein Geniestreich! Die Schlagkraft von „‚Pull Up To The Bumper“? Noch immer habe ich die Single dabei, um, wenn überhaupt nichts mehr geht, zumindest ein Strohfeuer zu entfachen. Es schien die perfekte Win-Win-Situation zu sein und alle wurden erfolgreich. Grace Jones, Jean-Paul Goude und Sly & Robbie sowieso.
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Mit „Living My Life“ trat eine Stagnation auf höchsten Niveau auf. Eine bestimmt gute Platte, doch der Überraschungsmoment von „Nightclubbing“ war passé. Quo Vadis, Grace Jones? Wieder wie zu Anfang der Karriere einfach so weiter machen?
Shut up, Slaves!
Schmeisst einfach Profis zusammen und schaut, was passiert. ZTT, das Label der Stunde und Inszenierungsweltmeister mit ihren Prachtproduzenten Trevor Horn trifft also auf Grace Jones. Und heraus kommt ein kalkuliertes Inszenierungsphänomen namens „Slave to the Rhythm“. Begleitet wurde dieser Glücksfall dann auch noch von einen geradezu visionären Video von Jean-Paul Goude.
Die Nummer zündet immer noch wie eine 1. Ich durfte mal zu einer Geburtstagsfete modeaffiner Menschen im Showroom von Hugo Boss auflegen und das Geburtstagskind sprang auf einen Tisch und posierte dazu wie ein Tier, um sich schlussendlich das teure Maßhemd vom Leib zu reissen, während seine Crowd dies ganze mit Beifall und spitzen Schreien untermalte.
Wer so hoch stieg, kennt eigentlich nur noch einen Weg. Doch das machte sie auch mit Stil und Würde. Es wurde still in den 90ern um sie und sie alterte gut, aber unbemerkt etwas vor sich hin. Eigentlich kein Problem, wenn sie ein Händchen für Geldanlage hat. Doch dann geschah etwas unerwartetes und ungeheuerliches.
Man eating machine
Mit 60 Jahren schickte sich la Jones zu einen Comeback an. Nein, sie machte keine Farewell-Tour mit all ihren Hits im Gepäck, sondern ging ins Studio und spielte ein Album namens „Hurricane“ ein. Singleauskoppelung: „Corporated Animal“.
http://vimeo.com/1306326
Hier haben wir wieder die Bestandteile ihrer Formel: großartige Produktion und ein dekonstruierendes Video. Dass sie dabei an „Alien“ erinnert, ist kein Zufall. Sie stellt das menschenfressende, digitale, kapitalistische Tier dar, den Moloch.
Welch ein einfaches und wirkungsvolles Video, was für eine Botschaft für eine Frau im Rentenalter. Statt sich weichzeichnerisch nochmals in zweifelhafter Schönheit ablichten zu lassen gibt sie wieder mal das Abbild ihres Körper frei, um es von einen Bildgestalter zu verfremden, wie es ihm passt.
Dass es um den Text Diskussionen gibt, habe ich erst jetzt beim Schreiben entdeckt. Grace Jones und antisemitisch? Ich weiss es nicht. Und zugegeben fällt es mir jetzt schwer, alles wegen dieses Verdachtes zu löschen.
Das als kleine Gedankensammlung zu Grace Jones. Sicherlich hätte man hier und da mehr in die Details gehen können. Und tatsächlich ist das Internet voll davon. Google hilft.
Mitunter entgeht der Gema glücklicherweise das eine oder andere bei Youtube und man darf sich mit den eigenen kümmerlichen Vorurteilen konfrontieren. Vicky Leandros? Schlagergedöhnse. Fernsehproduktionen der 70er? Nicht diskutabel.
Folgende Videos jedoch werfen diese Gedanken wild über den Haufen. Großartige Texte (zumindest zum Teil von Michael Holm, der dafür auch kräftig Preise einfuhr), eine Frauenstimme auf ihren Höhepunkt und eine Bildsprache, die zumindest beeindruckt. Großartig.
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