Tag 20 – XXX

Aufbau XXX

Die erste Nachricht, die ich nach dem Aufstehen lese, handelt davon, dass der geplante Austragungsort XXX in einen Naturschutzgebiet läge. Ufff, ich telefoniere und schreibe hin und her, um eine Alternative zu finden. Der Volksgarten scheint mir reizvoll und ich rufe bei Vier Linden an, die Montags Ruhetag haben. Ich erwische trotzdem Tom B. im Büro und ich erläutere mein Gesuch. Tom denkt darüber nach, ob es sich lohnen würde, das Vier Linden für die Aktion zu öffnen, doch als ich die Bierpreise erfahre, fällt mir wieder ein, dass XXX ja eigentlich im offenen Raum stattfinden soll. Also in einen Nichtlokal. Tom verweist auf den Apolloplatz, der Freifläche unter der Brücke. Warum nicht? Dann ist auch Regen gegebenenfalls kein Problem mehr.

Da es gegen 11 Uhr geht, schnappe ich mir als Argumentationshilfe ein Tourplakat und setze mich auf Mammut, um möglichst der erste Kunde bei  Düsselrad zu sein. Der Fall „Gepäckträger“ muss gelöst werden. Norbert ist gut gelaunt, ich entrolle das Plakat und erläutere in knappen Sätzen das Problem. Norbert gefällt das Plakat, er hängt es sogleich an die Türe zum Fahrradlager.Dabei erläutert er beiläufig, dass er da eine schöne und einfache Lösung habe und ich Mammut in 2 bis 3 Stunden abholen könne. Ich glaube, nicht richtig zu hören, doch er bleibt dabei: er müsse nur ein Teil suchen und fertig ist der Lack. Ich freue mich sehr, frage nach einem Ersatzrad. Da zeigt er auf eine orangenfarbene Schönheit, die in der Sonne glitzert. Der Tag fängt gut an.

Orange Beauty

Petra wohnt einen Steinwurf am Rhein und kennt die Partylage ganz gut. Ich fahre bei ihr zu einen Kaffee vorbei. Sie  hat schon eigenmächtig das Ordnungsamt angerufen, um Alternativen zu erörtern, da würde aber niemand abnehmen. Ich fahre also weiter zum Apollo-Platz. Ein Laster steht da und einige Männer hantieren mit Werkzeug und Material. Ich frage, ob sie  ab- oder aufbauen. Es handelt sich um den Abbau einer genehmigten, städtischen Jugendveranstaltung, die am Sonntag statt fand. Ich frage nach den Rahmenbedingungen, der junge Mann holt einen fetten Ordner aus dem Auto und zeigt mir die schriftliche Genehmigung und gibt mir die Durchwahl zu Herrn W., der dafür zuständig sei.

In der KIT-Bar herrscht Reinigungshektik. Achim hat trotzdem ein offenes Wort. Er erzählt, dass unter der Brücke öfters Tangotreffen mit Musik wäre, die nicht sonderlich genehmigt scheinen und kein Problem wären. Am besten, ich rufe Herrn W. vom Amt an, er habe die Nummer, ich solle gerne von ihm grüßen.

Herr W. nimmt aber nicht ab und ich rufe in 10 Minuten-Abständen an. Fahrt zu Süße Erinnerung, wo Raphael arbeitet. Er kündigte an, eine Freundin wolle sich zu ihren Geburtstag an XXX hängen, was ich eine schöne Idee finde. Mas hat auch Geburtstag und bringt einige Freunde mit. Er habe auch Zeit und ein Auto, um die Vorbereitungen mit zu unterstützen. Genau wie Christian und mein Sohn. Eigentlich sollte nichts schiefgehen  können. Wir brauchen nur noch einen Ort.

Das muss irgendwie weiter gehen, ich setze mich auf den orangenen Hopper und schieße durch Düsseldorf. Im Gegensatz zu Mammut ist das Teil leicht und hat eine Gangschaltung. Ich fühle mich, als hätte ich von Dampflokomotive zu einem Jetboat gewechselt. Unterwegs fragt man mir rufend zu, ob ich ein neues Auto habe. Ein schöner Tag, wirklich.

Ziel ist das Ordnungsamt am Bahnhof. Es  musss weiter gehen, ich will Klarheit. Auf dem Weg stoppe ich bei Mario am Enuma. Er sitzt mit einigen Jungs vor dem Laden auf seinen Brett und erfreut sich an meinem Ersatzrad. Ich bitte um ein Glas Wasser, wir wechseln ein paar Worte wegen XXX, er wolle beim Apollo nach der Arbeit vorbei schauen. Dann weiter Richtung Amt. Vor der Türe rauchende Kollegen, ich schlüpfe in das Gebäude und lese am Eingang, dass die Sprechstunden längst vorbei seien. Na prächtige Voraussetzungen…

Ich frage nach Herrn W., doch der habe frei. Ich solle im Zimmer 106 mal schauen, da seien Kollen von Herrn W. Doch der Raum ist verwaist und ich nehme eine zweite Nummer mit, die von Herrn B. Ich verabschiede mich und rufe auf Herrn B.s Nummer nun alle 10 Minuten an.

Ich fahre zu Düsselrad. Im Hof steht Mammut mit einen neuen Gepäckträger. Der sieht stabil aus und ist breit, aber nicht sonderlich lange. Doch dafür ein altes Originalteil. Wir sprechen darüber, dass man mittels Brett das Teil für die Boxenfahrten verlängern könne. Ich frage vorsichtig nach den Preis und ich fasse nicht, wie niedrig dieser ist. Das ganze hätte ja nur eine Viertelstunde gedauert und das Teil sei doch nicht neu. Selbstverständlich hat er nebenbei alles an Mammut gerichtet, was vorher wackelte. Hocherfreut packe ich den Ersatzgepäckträger, bedanke mich sehr und fahre zu Rad ab, wo ich mich auch nochmals für die Unterstützung danke und das Interim auf die Theke lege.

Mein Ziel, bis 14 Uhr XXX zu lösen, flieht ein wenig vor mir. In der Süßen Erinnerung trinke ich ein Glas Wasser, unterhalte mich mit Olli, den alten Szenenkenner und erörtere die gute Entscheidung, XXX nicht am Rhein stattfinden zu lassen. Ich schreibe nun einfach bei Facebook, XXX wäre am Apollo-Platz. Bei Herrn B. nimmt niemand ab, ich fahre nochmals zum Amt. Auf der Fahrt geschieht dann der Renault-Alpine Zwischenfall.

Die Türe zum Amt ist geschlossen, auf Klingeln macht niemand auf. Eine Frau verlässt das Gebäude und ich nutze die offene Türe. Die Büros sind bis auf eines völlig leer. Ich spreche den Herrn an, erläutere mein Problem, doch der verweist klassisch auf die Bürozeiten. Mein Hinweis, dass ich ja auch während der Bürozeiten niemanden erreichte, lässt er nicht gelten und überhaupt sei das nicht sein Gebiet. Ich merke, da geht nichts  mehr und ich verabschiede mich. Na dann halt ohne Genehmigung. Sollte XXX auffliegen, werde ich mir das Hemd zerreissen und auf Handschellen bestehen, um ein schönes Foto für den Blog zu erhalten.

Aaron ist auf dem Weg nach Bilk und wir verabreden uns in der Süßen Erinnerung. Dort erläutern wir das folgende Vorgehen. Ich muss gleich los und einen Generator plus einen Scheinwerfer bei Tontaxi abzuholen. Ich wandte mich vor Tagen schon an Kimos, der auch gleich zusagte. Dufter Typ. Zum Scheinwerfer gesellt sich noch ein Stativ und ich schnalle alles auf Mammut, um das Zeugs bei Petra zwischenzulagern, deren Laden IOUNA nur ein paar hundert Meter von XXX liegt. Zudem bietet sie den Laden als Übernachtungslager für alles mögliche an, damit ich das Zeugs nicht in der Nacht in die zweite Etage schleppen muss. Ich bin begeistert, wie sie an Sachen denkt, die mir gerade noch in weitester Zukunft liegen.

Ich habe noch einen Hoffnungsschimmer von wegen Legalisierung von XXX. Ich fahre zum Apollo und frage nach dem Theaterleiter. Der sei nicht da, man ruft einen anderen Verantwortlichen. Ich frage einfach, ob XXX auf ihren Grundstück gedultet sei, da Montags das Apollo ja geschlossen ist. Doch Pustekuchen, die Grundstücksgrenze endet am Gebäude. All die Apollo-Wiese und -Platz haben nur den Namen nach mit dem Gebäude zu tun. Er denke aber, XXX solle kein Problem darstellen. Das Ordnungsamt käme selten und selbst die wenigen Wohnhäuser in Sichtweise hätten sich nie beschwert. Nun gut, es  soll so sein: ich handele ohne Genehmigung. Der süße Duft von Anarchie liegt in der Luft.

Um 18 Uhr treffen sich Aaron, Mas, Christian und ich in meiner zwischenzeitlich leicht verwahrlosten Wohnung. Wir bilden zwei Action-Teams: Aaron und Christian drücke ich alles Geld, was ich besitze, in die Hand. Sie kümmern sich um Ersatzbenzin für den Generator und die Getränke plus Zinkwannen und Eis. Ich setze mich an den Rechner, um schnell ein Plakat zu basteln, aus dem hervor geht, dass der Abend kein gewöhnlicher Abend sei und jeder sich nimmt, was er braucht und gibt, was er will. Ich will keine Anzeige wegen nichterlaubtem Gewerbebetrieb im öffentlichen Raum (oder so) riskieren. Zudem ist es auch eine schöne Vertrauensübung: kein Kalkül, ob die Leute die erhoffte Aufrichtigkeit an den Tag legen und ich zumindest bei Null mit den Kosten rauskomme.

Bike-Kids

Mas isst zu Abend, ich fahre zum Kopiercenter. Wenn man es eilig hat, passiert ja gerne etwas. Ich will nur das Plakat kurz plottern lassen, doch vor mir ist eine junge Mutter samt Kind, die gefühlte 200 Architektenpläne ausdrucken lässt. Natürlich habe ich es brandeilig, aber sie ist ja auch noch mit einem nörgelnden Kind unterwegs. So versuche ich, mich in der Situation einzufinden und telefoniere etwas umher.

Während mein Druck läuft, erläutere ich der Besitzerin die Philosophie der menschlichen Jukebox. Wie so oft die letzten Tage sagt sie, die Zeiten hätten sich geändert und nicht unbedingt zum guten, aber das man nichts machen könne. Und wieder einmal versuche ich zu unterstreichen, dass die Zeiten von Menschen gemacht werden und wir uns halt reinhängen müssen, um sie zu ändern. Oliver erzählt mir beim Einpacken des Plakates, dass Gramophone doch viel kühler als Plattenspieler seien. Wieder einmal bin ich verwundert, für was sich die Menschen interessieren.

Schnell nach Hause und unter die Dusche und mit Aaron die Abendgebete gemacht. Mas  und Christian warten freundlicherweise. Aaron und Christian fahren direkt zum Apollo-Platz, ich fahre mit Mammut zu IOUNA, um dort Mas zu treffen und die Sachen abzuholen. Petra ist da und bietet mir an, ich könne mitnehmen, was ich benötige. Also eine Bierbank und einen großen Klapptisch sowie eine Leiter. Ich kaufe ihr eine Packung Honigwaffeln ab, da ich nicht zum Essen kam.

XXX – vor Ort. Ich wähle eine Brückensäule als Ausgangsort aus, da kommt schon Susanne mit den Grablichtern, sowie die Geburtstagsgäste von Mas. Jeder, der bei 3 nicht auf einen Baum sitzt, wird beim Aufbau mit eingebunden und kurz vor 21 Uhr sind wir fertig. Selbst der Generator funktioniert. Achim vom KIT schaut vorbei und meint, die Lautstärke wäre ja gar kein Problem. Ich finde den Ort magisch. Auf der einen Seite der frühere Sitz des Ministerpräsidenten, auf der anderen der Landtag. Hier das KIT, dort das Apollo, da das Vodafone-Gebäude, Rheinpromenade, der Rhein selbst, Oberkassel, Bilk… Wir befinden uns an einen Platz der mannigfaltigen Kreuzungen. Und über uns bildet die Brücke ein riesiges Dach.

Das stärkste Fahrrad der Welt

Mario lässt sich blicken und ich mache ihn mit Andreas bekannt, was ein Fehler war. Die beiden quatschen fast den ganzen Abend angeregt und ich verliere einen meiner heissesten Tänzer. Getanzt wird trotzdem. Rund 20 Leute sind versammelt und wir wandeln die Wünscherei ab: einer sucht sich einen Tanztitel aus, der nächste dockt sich  dramaturgisch daran. Eine Art stille Post, die dann kurze Sets entstehen lassen. Soziale und geschmackssichere Sache. Sich fremde Menschen kommunizieren spielerisch und lernen sich dabei kennen.

Irgendwie schläft der Generator immer wieder ein, was der Stimmung nicht förderlich ist. Dann ziehe ich immer an der Schnur, bis das Ding wieder losknattert. Doch beim dritten Mal frage ich nach, wer früher mal ein Mofa gehabt habe. Andreas und Armin checken das Teil ausgiebig und nach 15 Minuten sprottet der Generator wieder. Es war der Luftfilter. Ach, ist das toll, wenn Fachleute um einen sind.

Spaziergänger kommen vorbei und mancher bleibt hängen. Die Sammelbüchse wird gefüllt und jemand verlemmt den Münzschlitz mit einen Geldschein, was ja eigentlich toll ist, aber auch doof. Marina kümmert sich darum, doch es braucht eine Pinzette. Ich befrage das Publikum und tatsächlich hat ein Mädchen eine in der Tasche. Nach viel Gefummele ist das Problem gelöst. Mensch, freie, offene Gruppen sind doch was herrliches.

Raphael brachte seine Schwester und eine große Kamera mit. Er spielt den Partyfotografen und hat Spaß dabei. Ich freue mich auf die Bilder. Die Menschen verlieren sich etwas auf dieser rießigen Fläche. Hier wird geplaudert, da getanzt. Die Stimmung ist schön. Ein Polizeiwagen kommt langsam daher, macht eine Schleife und kommt nochmals vorbei. Ich gehe zum Fahrer, der lächelnd sagt, sie seien nur neugierig und wollten wissen, was hier geschehe. Ich erzähle freimütig alles, einschließlich fehlende Genehmigung und der Abend im aufklärerischen Sinne. Die Herren grinsen alle und der Fahrer meint grinsend, sie würden nicht petzen und fänden das eine schöne Sache. Aber ihr Altstadtrevier endet genau an der Brückenkante und auf die Kollegen vom Präsidium hätten sie keinen Einfluss. Dann fahren sie weiter.

Wir freuen uns alle über diesen freundlichen Kontakt und feiern und tanzen und schauen der Sonne beim Untergehen zu. Leute kommen, Leute gehen die Musik wird älter, je jünger das Publikum ist. Tatsächlich, da wünscht man sich LedZep, Bob Dylan und die Plastic Ono Band.

Es geht auf Mitternacht zu und ich kündige das Ende an. Dann packen alle mit an und helfen beim Abbau. Für die Rückfahrt fehlt nun Mas‘ Auto, so dass ich auf Mammut alle langen Teile wie Leiter & Co draufpacke. Dann kommt ein Schwarm befreundeter Kids meines Sohnes auf Fahrrädern daher und wir quatschen und reden und ich fühle mich einfach pudelwohl. Keine Ahnung, so gegen 2 Uhr bringen wir – Christian, Aaron und ich – dann das meiste zu IOUNA, fahren weiter zu mir nach Hause und schleppen schnell alles hoch. Wir haben nun richtig Hunger und ich mache eine kräftige, scharfe Tomatensauce. Aaron meint, er werde alt und müsse vor seinen Vater ins Bett. Christian und ich quatschen bis in die Puppen. Dann musste ich die Sache mit dem Renault Alpine loswerden und fiel um 4:30 Uhr ins Bett. Viel. Zu. Spät.

Tag 20 – Der Renault Alpine-Zwischenfall

Zum Niederknien schön

Mitunter wirken meine letzten Tage ereignisreich. Dieser Montag jedoch hatte es in sich. Als kleiner Appetithappen etwas, was ich auf dem Weg fand und mich einige Minuten intensivst beschäftigte. Als ich am Fotografieren war, kam der Eigentümer und erzählte aus dem Nähkästchen. Kann man mit keiner Kreditkarte bezahlen.

Auf meinen Schulweg stand solch ein Renault Alpine am Wegesrand. Jedoch im eher handelsüblichen Blau. Diesen Wagen dann in einen tadelosen Zustand in Gelb zu sehen, zwang mich zum Halten, obwohl ich es so eilig hatte. Dieses Auto ist für mich eigentlich eher eine Skulptur. Aerodynamik interessierte da eher wenig. Diese vorgezogene Schnauze, dieses Arsenal an unterschiedlichen Lampen, diese frech geschwungenen Kotflügel, die geduckten Scheiben… Ach herrje. So soll der Sarg aussehen, in dem ich beerdigt werde. Eigenwillige Schönheit vor Protz und Effizienz.

Mann!

Dabei sei die Straßenlage ausgezeichnet, wie mir sein Besitzer offenherzig bekundete. Seiner Frau wurde in anderen Fahrzeugen bei den Bergtouren in den 70ern immer schlecht. Sie sei der Grund dieses Kaufes. Zwischenzeitlich habe er seinen dritten Motor, doch der erste fuhr über 300.000 Kilometer. Zwischenzeitlich habe er über 500.000 Kilometer drauf und einen kaum gepflegten, ersten Lack. Und wie er mal nach Süddeutschland fuhr und den Verbrauch mal checkte, war er baff: nach Stunden Autobahn mit 140 – 180 Stundenkilometer kam er auf 6,2 Liter.

Besitzer und Werkzeug in Liebe

Sein Besitzer kaufte ihn vor irgendwie 37 Jahren und ist hochzufrieden. Beim zweiten Motor wurde er verarscht, aber nun ist es im Griff. Gelb und Schwarz war übrigens meine Lieblingskombination als Kind. Assoziationskarussel an!

Perfect match

Der Alpine und Mammut strahlen etwas nicht unähnliches aus. Jedoch kann ich es nicht benennen. Vielleicht die eigenwillige Formgebung der Fahrzeuge, die sich im Gebrauch als positiv erweisen. Mammut sieht fast klobig aus, schleppt aber alles, was man ihm gut auf dem Leibe schnurrt. Der Alpine flutscht wohl ähnlich um die Kurven, wie er sie andeutet. Unerwartbar, aber offensichtlich doch überlegt. Second Sight-Geschichte.

Auf meinen Weg, den ich nochmals wegen etwas anderem unterbrach, sah ich den Alpine ein zweites Mal innerhalb weniger Minuten. Ich sprach vor Begeisterung einen jungen Nordafrikaner an: „Dagegen kannst Du jeden Porsche wegschmeissen!“ Er schaut verwirrt und schüttelt leicht den Kopf. Die Augenbrauen nach oben gerissen spitzt er ein wenig seinen Mund. Naja, so geht es mir bei anderen Themen wie andere Autos, Fußball, Motorräder und AC/DC.

Dieses Mal sprach ich den Besitzer nicht mehr. Auf dem Rückweg sah ich den Alpine im Vorbeifahren nochmals von Hinten. Ich erfreue mich einfach an den Anblick solcher Dinge. Sie überhaupt anschauen zu können gibt mir tiefe Freude.

Heute: 20 Uhr Apolloplatz

Bitte handelt alle in größter Selbstverantwortung. Die Jukebox spielt für ein Lächeln auf, doch pro Person nur 1 Wunsch (bitte Tanzlieder bevorzugen). Einige Getränke stehen bereit. Nimm, was Du brauchst und gib was Du willst.

Tag 19 – Flora Bar

Streng jamaikanischer Aufbau

Wie aus einem Koma schreckte ich heute Morgen auf. Verdammt, um 10 Uhr wollte ich doch bei Andreas zum Frühstück sein! Die Uhr zeigte 10 nach 10, ich springe unter die Dusche, schmeisse mir Kleidung über und radele auf Mammut kurz rüber. 10:20 Uhr klingele ich total aufgeschreckt-verpennt. 2 Stufen auf einmal nehmend sitzen Torben und Andreas in der Küche, der Tisch gedeckt. Doch die Brötchen sind schon alle weg. Also runter zum Bäcker und 1 Croissant und Brötchen geholt und wieder zurück. Irgendwie bin ich gerne hektisch, wenn ich verpennt bin. Ich bilde mir ein, man würde dann vor lauter Aktionismus nicht bemerken, wie verpennt ich bin. Idiotisch, aber so bin ich zur Zeit noch gestrickt.

Grund unseres gemeinsamen Frühstückes war nebenbei noch den Ort für XXX klar zu machen. Andreas ist öfters am Rhein und hatte mir einen Platz empfohlen und ich brauche doch irgendwas, um XXXzu verlinken. Aber erst mal Kaffee, um den Abend im WP8 Revue passieren zu lassen. Es war eine Sause, eine Wucht, ein bemerkenswert schöner Abend und wir sind alle noch randvoll davon. Andreas springt unter die Dusche, Torben und ich qualmen eine auf dem Balkon und plaudern weiter. Über seinen Zugang zu den Einstürzenden Neubauten mit 13 oder 14 Jahren (es war eine Mutprobe, ob er die komplette Cassette durchhören kann, haha!), Konzerterlebnisse, Nerdkram halt.

Dann ist Andreas fertig und ich zeige ihm erst mal seinen „Animal-Shot“ vom gestrigen Abend: wie er wie ein wildes Tier die Kamera mit geöffneten Rachen ankreischt. Ach, der Andreas ist ein ganz großer, mitunter enthemmter Mensch. Eine Bereicherung und Freude für mein Leben.

Ja und dann checken wir via Google Map die genaue Location für XXX und dann eilen wir auch schon aus dem Hause. Andreas muss arbeiten und nimmt Torben mit und ich gehe mal die Süße Erinnerung checken, da ich unbedingt mehr Kaffee brauche.

Wer will das schon?

Das war eine hervorragende Idee mit der Süßen Erinnerung. Ich bekomme die aktuelle TAZ in die Hand gedrückt und ich lese aufmerksam das unterhaltsame und gewinnbringende (weil informative) Interview mit Kevin Rowland. Er spricht ziemlich deutlich über seine Schwierigkeiten und zeigt dabei viel Humor. Dabei schreckt er nicht vor peinlichen Momenten seiner Vergangenheit zurück und spricht immer respektvoll über andere Menschen. Ich würde gerne mal einen Abend mit Rowland vor dem Kamin verbringen. Das ist sicherlich interessant.

Dann tippe ich den Blog zur WP8, mache wieder Facebook-Dingers und packe dann schon mal langsam mein Zeugs für den Flora-Park. Das beladen von Mammut dauert wieder mal viel zu lange. Flüche über den blöden Gepäckträger auf den Lippen schaukele ich die kurze Strecke, um an der Flora-Bar erst mal baff zu sein. Da sind 2 (!) Familienfeste gleichzeitig und ich soll mich neben dem Klo aufbauen. Also fluche ich weiter vor mich her, um das Beste daraus zu machen. Das ist aber nicht das Beste und ich baue nach einer halben Stunde dann eigenmächtig alles um.

Jamaikanische Hängung

Da kommt der Besitzer und hilft tatkräftig mit, was meinen Ärger dann auch wieder dämpft. Er mag wie ich das Improvisieren und wir basteln alles verwegen zusammen: Kabel werden über Äste gelegt, Boxen mit Seilen befestigt (Mayo meint noch später dazu, das wäre schlimmer als jedes jamaikanisches Soundsystem. Mich erfüllt solch ein Statement eher mit Stolz, denn mit Scham).

Immer mehr Tour-Gäste schauen vorbei. Katja ganz prächtig als werdende Mutter mit Freund, Armin und Margarete, Manfred, Caroline, Susanne und Mann, Elfie und Knüff und, und, und. Ich stehe barfuß ob der Hitze ganz in Weiss da und lege und lege und lege auf. Heute war 3 x Stool Pigeon angesagt und jedes Mal freue ich mich aufs Neue über die Bläsersätze. Eine Hymne von Lied, i like!

Barfuß auflegend? Seltenst.

Um 19 Uhr kommen Astrid und Peter zum Erörterungsgespräch ob ihres Geburtstages, auf der ich auflegen darf und Mayo vertritt mich an der Konsole. Wir sprechen über die Mutter aller Parties und wie diese optimalst zu beschallen sei. Der Konsens ist da, die Gage ist auch geklärt, wir wollen noch bald  den Ort gemeinsam checken. Herzliche Verabschiedung, dann löse ich für einige Lieder den Mayo ab. Dieser verschwindet ganz schnell, Armin auch, abgebaut ist ja schon, da gehe ich mit Caroline in die Geissel, um eigentlich eher davor (der Geissel) zu Abend zu Essen. Ich genieße den Luxus eines freien Abends und den auch noch mit einen angenehmen Gespräch verbinden zu können, um dann brav nach Hause zu gehen.

Morgen, morgen, morgen? XXX am Rhein. Suche fieberhaft nach einer anderen Lösung und melde mich dann sofort.

Morgen gibt es erst mal viele Vorbereitungen zu machen. Immer schön ruhig dabei bleiben. Hauptsache, das Wetter spielt mit, es gibt keinen Unfall, keinen Müll und viele nette Menschen. Vorfreude galore!

Tag 18 – WP Acht

Ein nahezu perfekter Aufbau

Ach, von wegen XXX, nicht wahr?

Claudi und Andi haben Besuch aus  Berlin: Torben. Ich treffe mich mit ihm Samstag Nachmittags und er begleitet mich zu Rad ab, um dort wegen des Gepäckträgers nachzufragen. Alles sehr unerfreulich und ich will es auf eine Aussage reduzieren: es geht nicht mehr. Am Montag suche ich nach einer neuen Werkstatt.

Torben und ich lassen uns durch das bullenheiße Bilk treiben und plaudern dabei über Götter und Welten. Gegen 17:00 trennen wir uns, ich springe bei Armin zur gemeinsamen Abendmeditation vorbei, um dann zu Hause nochmal kalt zu duschen, alles für den Abend im WP8 bereit zu stellen und in den Anzug zu hüpfen. Die Budapester genannten Schuhe, die ich vor 20 Jahren einst kaufte und lange nicht trug, sind seit dem Ellington bequem. Ich ziehe sie an und fühle mich… standhaft. Irgendwie haben die Absätze einen hervorragenden Stand.

Konzentriert packe ich Mammut und fahre los. Doch schon auf der Bilker verliere ich die Boxen, die auf dem viel zu kleinen Gepäckträger montiert waren. Ich sammle alles wieder von der Straße, packe nochmals und fahre weiter. Das ist ein ziemliches Stück bis zum Worringer Platz und keine angenehme Strecke. Vor dem Bahnhof kaufe ich noch zwei Brezeln, da ich wieder zu essen vergaß.

Die Ruhe vor dem Sturm

Punkt 20 Uhr – also viel zu spät – komme ich am WP8 an. Nichts ist los, kein Mensch da. Eine Telefonnummer besitze ich nicht. Was tun? Nach Hause fahren und einfach schlafen? Spitzen Idee! Dann wäre aber die Tourreihe futsch. Die Pechmarie ist nicht weit entfernt, Katja kenne ich als flexible Frohnatur und ich habe ihre Nummer. Sie will nicht glauben, was ich ihr erzähle und sagt zu bzw ich sage, ich warte noch 20 Minuten, dann rufe ich an. Vorsorglich schreibe ich auf einen Deckel eine Nachricht, dass ich in der Pechmarie sei und klebe ihn an das Fenster des WP8.

Party hard!

Nach der Wartefrist setze ich mich auf Mammut, um zur Pechmarie zu gondeln, da klingelt das Handy. Romano von der WP8, der verblüfft ist, da doch das WP8 immer erst um 21 Uhr öffnet. Herrje, egal, ich drehe um zum WP8, sage Katja ab, da kommt Mas mit 2 Bekannten auch schon an. Ich entferne meine Botschaft vom Fenster und lege es einige Meter in all den Unrat, der überall herum liegt, ab. Wir warten gemeinsam, um 21 Uhr dann Romano. Zusammen bauen wir fix alles auf. Der vordere Teil des WP8 ist ideal: in jede Ecke steht eine Box auf Kopfhöhe. Und schon schwappen die Leute rein. Zwischenzeitlich hat sich eine lose Tour-Gang gebildet und – Zack! – wird getanzt (ich vermisse tatsächlich Frau N dabei, die vor 5 Jahren so famos bei der Bilk-Tournee abtanzte). Das Stammpublikum des WP8 ist erstaunt ob der frühen Partylaune und zieht einfach mit. Die Reihenfolge der Wünsche ist surreal: auf Black Dog von Led Zep folgt Disco, darauf Who by fire von Cohen. Und die Leute tanzen einfach weiter. Die Gemeinschaft akzeptiert die Andersartigkeit des einzelnen Wunsches. Irgendwie hätte ich gerne mal etwas Zeit, tiefer über dieses Phänomens nachzudenken.

Nach hinten wurde die Dramaturgie immer abgefahrener und wilder. Die letzten Wünsche knallte den Leuten dann völlig den Kopf weg: Hives, Dickies und Supergrass. Einzelne schreien nur noch einfach mit. Ich beende den Reigen mit Divines Step by Step und der Zauber ist vorbei. Applaus und Abbau. Eine Frau meinte, sie hätte noch nie solch ein  Hörerlebnis gehabt. Das kommt in mein Schatzkästchen.

Wie ich dann das WP8 verlasse, liegt meine Botschaft am Fenster gelehnt für alle öffentlich sichtbar da. Ich musste lauthals lachen ob den Windungen, die das Leben so nimmt. Wunderbar.

Ich fahre vorsichtigst zurück, da ich gerade jedes einzelne Teil meiner Anlage inniglich liebe. Hätte ich einen gescheiten Gepäckträger, wäre die Welt in einen quasi perfekten Zustand für mich. Da passierte es dann in einer engen Straße: ein Taxi kommt mir entgegen, ich mache lieber Platz, da kippt mir Mammut um. Herrje, die Boxen kullern schon wieder über die Straße. Zum Glück sind sie so hart im Nehmen wie ich. Aber nervig ist das schon, verdammte Hacke!

Die wunderbare Lina weiss, wie man es krachen lässt.

Zu Hause baue ich ab und räume alles rein. In der Bar Alexandra ist noch Volk zugegen. Ich setze mich rein, doch Orlando ist im Aufräumstress und will auch gleich den Flieger in den Urlaub nehmen. Er gibt mir ein Bier und ich komme mit dem Thekennachbarn ins Gespräch, der Drucker ist. Ich bin auch ein Jünger der schwarzen Kunst, auch wenn ich keinen Gautschbrief besitze und wir unterhalten uns angeregt über dieses wunderbare, tolle Handwerk.

Als Orlando dann das „Break“-Zeichen macht, springe ich die 2 Stockwerke hoch, reisse mir die Klamotten vom Leibe und lasse mich in einen traumlosen Schlaf fallen.
Bis gleich im Flora-Park. Das Wetter ist fantastisch. Ich werde wohl einen Sonnenhut und ein nasses Halstuch bei der Hitze tragen.

Tag 17 – BCN Tres Chicas

Just in diesen Momente habe ich das Gefühl, eine verrostete Stange statt einer Wirbelsäule zu besitzen. Aber bitteschön von vorne.

Sprach ich schon mal über Erkältungen? Darf ich soeben genießen. Ich wachte am Freitag Morgen auf und fühlte mich… gar nicht gut. Okay, Madame Mendoza schlug zu und half leider nur in der Nacht von Donnerstag zu Freitag ganz prima. Kurz gesagt: ich fühlte mich gestern Morgen wie schon verdaut. Ich grabe mich aus dem Bett und stelle mich mannhaft dem Leben. Jede Zelle im Körper scheint den Befehl bekommen zu haben, lauthals aufzuschreien. Aber wie lautete der Satz, den ich in Gedanken schon vor Wochen formulierte? Ich schone weder mich, noch Material.

Genug geprahlt, ich könnte an meinen eigenen Worten ersticken (siehe Song 223 der Wunschliste). Ich stand also katzengleich auf (haha!) und setzte mich an den Text, den ich letzte Nacht über den 16. August schrieb. Welch ein Chaos, ich beginne zu überarbeiten. Nach aber gut einer Stunde merke ich, dass dies nichts wird: das muss in einen Guss geschrieben sein oder: vergessen, neu schreiben.

Kurzes, warmes Frühstück, ein Morgengebet und raus in den Tag. Die Sonne strahlt für alle, aber ich habe sowieso Hitzewallungen ohne Ende. Zu Hause erhielt ich einen Anruf von Rad ab: der Gepäckträger für Mammut ist angekommen. Vorsorglich frage ich Robert, den Henkelmann, ob er mir bei der Anbringung helfen kann. Als ich dann den Gepäckträger sehe, kann ich es nicht ganz glauben: es ist ein normaler, schmaler Gepäckträger, auf den Mann vielleicht mal schnell einen Stapel Bücher transportiert. Aber nicht sogenannte Regalboxen. Ralf, der Einkäufer, ist nicht mehr da, so spreche ich mit einen Verkäufer und dem Chef der Werkstatt. Ich umschreibe meine Verzweiflung wie folgt: jeden Tag, an dem ich keinen Gepäckträger habe, muss ich ein Auto oder Taxi checken. Das kann es doch nicht sein.  Die beiden verstehen und beraten. Eine Interimslösung wird besprochen. Sie leihen mir einen anderen, ebenso kleinen Gepäckträger, der zumindest auf Mammuts Hintern passt, der andere wird zurück geschickt, Am Samstag wird neu bestellt. Ich nehme das Teil und fahre zum Henkelmann.
Robert bastelt vor dem Lokal an seinen E-Bike rum, ich versuche mich an Mammut. Aber nach 2 Minuten ist klar, dass 4 Schrauben und ein Adapterstück fehlen. Also nochmals zu Rad ab. Uli aus der Werkstatt händigt mit alles aus. Nochmals zu Robert, wo ich fast daran verzweifele, 2 Schrauben anzubringen. Nach ca. 1 Stunde und der Hilfe Roberts ist das Ding dann endlich dran.

Mammut trägt ein komplettes Soundsystem inkl 4 Boxen und 250 Singles

Robert fährt in sein Wochenend-Jahresurlaub, ich nach Hause. Dort angekommen ziehe ich den leichten  Nesselanzug an und bepacke Mammut: Vorne der Singlekoffer, Diaprojektorständer, Plattenspieler und die Dual-Boxen, hinten die Canton-Teile. Ich fahre eigentlich nicht wirklich, ich krieche dahin. „Lohn der Angst“ fällt mir ein: Männer transportieren einen LKW mit Nitroglycerin durch die holprige Landschaft.
Und da  das Packen und die Fahrt länger als geplant dauerte, komme ich  erst kurz nach 20 Uhr bei BCN – Tres Chicas an. Die Damen des Hauses und ich besprechen uns über den Aufbau und ich stürze mich gleich hinein: die 4 Boxen im Raum verteilen, Kabel verlegen, Tische wegstellen. Um ca. 20:30 Uhr bin ich endlich fertig. Manfred kommt und wünscht sich etwas. Ein zweiter Gast ist etwas verhalten: er will seine Lieder lieber zurückhalten, bis mehr Volk anwesend ist. Und tatsächlich kommen auch immer mehr. Gegen 21:30 sollten es rund 30 Leute sein, die VOR dem BCN plaudern und trinken. Innen ist es einfach zu heiss. Nur die Damen und ich sind ständig im Raum. Um das  überhaupt irgendwie auszuhalten,  schaffe ich einen neuen Rekord: 7 Liter Wasser und 3 Ingwertees in 5 Stunden. Es hilft, ich fühle mich nach und nach besser.

Die Leute wünschen sich munter schöne Sachen und die Stimmung wird immer besser, da durchbricht endlich Andreas K. den Bann und beginnt zu tanzen. Alle und alles tanzt ausgelassen. Auch mich packt es und ich biege meinen Körper so gut, wie es die schmerzenden Gelenke zulassen. Besonders schöne Stücke werden mit Applaus und „Bravo!“-Rufen bedacht. Doch der Stapel an Wünschen vor mir ist noch sehr hoch und wir haben spät angefangen. Und dann passiert es doch noch: um ca. 00:15 wurde mir ein Stecker gezogen. Ich war nur noch zittrig und schwach und alles Leben schien aus mir zu weichen. Vor mir eine Horde Tanzwütiger. Ich will das irgendwie durchstehen, das ist mir klar. Bei Elton Johns „Pinnball Wizard“ dann das Malheur: die Platte springt wild. Ich greife in meine Geldbörse und ziehe ein 50 Cent Stück raus, um es auf das System zu legen. Doch der Kratzer ist zu tief und die Nadel springt lustig weiter. Ich breche das Lied also ab, da ruft jemand  „Ich will mein Geld  zurück!“ Das brach mir in dieser Situation das Herz. Ich nahm das 50 Cent-Stück und schleuderte es in die Richtung des Rufers und zischte noch ein „Arschloch!“ hinterher.

Marcellas Zwischenmahlzeit zeigt Wirkung

Nun stand ich im Mittelpunkt des Interesses, was mir sehr unangenehm war. Eigentlich wollte ich unsichtbar die restlichen Platten auflegen, abräumen und nur noch schlafen. Man empfiehlt mir Medikamente oder einfach abzubrechen, ich schlage vor, ich wandele das Set soweit um, dass es für die Leute und mich erträglich ist (soll heissen, ich werfe einige Singles raus, die für mich in diesen Zustand unerträglich sind). Wir machen weiter bis nach 1 Uhr, Andreas und Claudi packen beim Abbau mit an und um 1:30 Uhr steht Mammut abfahrbereit da. Ich frage nach einen Osborne, den ich auch erhalte und quatsche ein wenig mit Andreas, Claudi und ihren Gast aus Berlin. Dann setze ich mich vorsichtig auf Mammut und gleite langsam nach Hause. Auf dem Weg überhole ich noch 2 Gäste, wir winken uns zu. Einer ruft „leg doch noch ein Lied für uns auf, Haru!“ Ich grinste erschöpft.

Fazit: mehr Achtsamkeit und Pünktlichkeit. Hätte ich um Mitternacht Schluss gemacht, wäre alles ohne Gedöhnse zu Ende gegangen. Aber ja, ich verstehe die Gäste nur zu gut. Bei dem  heissen Wetter stellt man sich nicht um 20 Uhr hin und tanzt ab, sondern plaudert mit einem Bierchen in der Hand in der frischen Luft, während im Hintergrund nette Musik läuft. Ach… ich bin halt immer noch zu sehr an klaren Strukturen gebunden.

PS: Marcella ist eine umwerfend großartige Frau mit einem Herz so groß wie das Meer. Kaum leerte ich eine Flasche Wasser, schon stand die nächste da. Ungefragt versorgte sie mich ständig mit Ingwertee und auf die Frage, ob sie eine Scheibe Brot habe, zaubert sie mir einen Teller mit belegten Broten. Und beim Verabschieden zwängt sie mir mütterlich eine Flasche Wasser für zu Hause auf und drückt mir ein paar Scheine in die Hand, die ich ablehnen will, doch da wird sie fast resolut. Wow, wie berührend.

Tag 16 – Bar Ellington

Gediegener Aufbau, auch wenn das Foto anders wirkt

Zweiter Anlauf des Eintrages. Heute Nacht schrieb ich 2 Stunden lang, wurde aber viel zu ausufernd und ich verstrickte mich gehörig in Handlungsfäden. Vielleicht war der Mendoza schuld, den ich im Ellington genoß. Also los:

Auf dem Programm für den Donnerstag stand:

  1. System für 1224 besorgen und einbauen, Lautsprecherstecker (DIN) besorgen und anbringen.
  2. I. treffen, um 1225 entgegen zu nehmen
  3. Kochen und Essen mit T.

Ich erhielt von Hifi Knopf den langerwarteten Anruf, ich könne das System abholen. Als wir es in der Werkstatt betrachten, habe ich große Fragezeichen im Gesicht. Doch mein Ansprechpartner O. meint, das wäre ganz einfach. Trotzdem bitte ich, im Zweifel nochmals kommen zu können. Dann bat ich ihm um 2 DIN-Lautsprecherstecker, die er aus einer Kiste zauberte. Die Stecker hatten nichts mit dem Design der 70er zu tun. Ich bin ganz fasziniert. Nun fragte ich etwas bang Herrn Knopf, was ich zu zahlen habe. Also für die Transplantation des Laufwerkes von 1224 klein zu 1224 groß und dem bestellten System. Er nennt einen symbolischen Betrag und ich bin erleichtert und bedanke mich bei ihm für all die Unterstützung.

Zu Rad ab gefahren, um den zusätzlichen Gepäckträger abzuholen. Ich will doch Abends mit Mammut und 4 Boxen und 1224 und überhaupt in das Ellington einreiten. Von wegen „endlich perfektes Equipment“. Doch Ralf macht ein ganz trauriges Gesicht. Komplikationen bei der Bestellung, das Teil solle am Freitag kommen. Verdunnebuchselt nochmal. Aber ärgern bringt ja nun wirklich nichts. Das mit Mammut kann ich mir also abschminken.

T. sagt das geplante Essen telefonisch ab. Da mich jetzt schon Hunger quält, verzehre ich beim Griechengrill neben dem Rad ab ein halbes Hähnchen mit Pommes. Als Kind war das mein absolutes Lieblingsessen. Als Erwachsener flüchte ich mich manchmal in dieses Gericht, wenn ich mich körperlich angeschlagen fühle. Und ich fühle mich ganz schön körperlich angeschlagen: ständige Hitzewallungen, der Kreislauf geht hoch und runter, der Hals kratzt gewaltig, die Augen sind dick. Was erzähle ich, Du kennst das ja mit Erkältungen sicherlich zumindest aus dem Fernsehen oder so.

Anschließend fahre ich zur Süßen Erinnerung, um I. wegen des Dual 1225er zu treffen. Ich setze mich an einen Platz im Schatten und packe all die Lautsprecherkabel und -stecker aus, sowie die Systemteile des 1224. Etwas stolz lege ich einige Werkzeugteile meines Vaters in Reih und Glied und komme mir mächtig technisch vor. Wie ich aber die Teile genauer begutachte, sinkt mein Mut. Keine Ahnung, wie ich das neue System anbringe. Und die DIN-Stecker muss man löten. Ich habe aber keinen Lötkolben. Ich muss wohl nochmals zu Knopf.

Susanne spricht mich an. Sie liest meinen Blog und macht Pressearbeit und bietet Unterstützung an. Ich freue mich wirklich mehrdimensional und wir sprechen ein wenig, da kommt I. mit dem gut verpackten 1225er auf den Armen und meint „hier ist eine Pizzalieferung aus den 70er Jahren“. Susanne und ich machen klar, dass wir gleich weiter plaudern werden, I. stellt 1225 auf den Tisch. Ich packe ihn aus: ein jungfräulich anmutender Plattenspieler im besten Alter! Um es mit Andreas K. zu sagen „Bra-vo, Bra-vo, Bra-vo!“ Wir unterhalten uns gut 30 Minuten entspannt über Fernsehserien, die Tour, seinen Beruf (und wieder zerbröselt ein lieb gewonnenes Vorurteil wie eine Holzhütte unter dem Fuße Godzillas) undundund. Wir werden uns in der Pechmarie wieder treffen. Das scheint sowieso die Übersause bei Katja zu werden. Ich fiebere den nächsten Donnerstag – äh – wortwörtlich entgegen.

Susanne und ich knüpfen am unterbrochenen Gespräch an. Ich will nicht über ungelegte Eier plaudern, aber was sie sagte, haute mich glatt ein wenig um. Der Mix aus kleinen Katastrophen und angebotener Unterstützung der letzten Tage ist immer mehr unglaublich. An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an alle, die rückhaltlos Hilfe lieferten, ein Lächeln schenkten, ihre Begeisterung für das Projekt ausdrückten. Dies alles bedeutet mir sehr, sehr viel.

Der Nachmittag schießt dahin. Margret kommt von der Arbeit und bringt mich auf die Idee, Armin zu bitten, Mammut mit seinem kleinen Auto zu ersetzen (Herr Berendt kann zumindest heute also beruhigt sein). Ich nehme mir vor, ihn anzurufen.

Dann hüpfe ich schon wieder in die Werkstatt von Hifi Knopf und biete vorauseilend einen Betrag für die Kaffeekasse an, um mir das System zusammen zu fügen und die Kabel zu löten. O. lächelt scheinbar immer weise vor sich hin, was ich sehr beruhigend finde. Er hat tatsächlich auch etwas Probleme mit dem System und ich komme mir nicht mehr ganz so unbeholfen vor. Dann lötet er die Stecker und ich eile nach Hause.

Neues System, neues Laufwerk, neue Stecker… Ich will zumindest 1 x das Equipment testen und baue alles auf dem Küchentisch auf. Und tatsächlich shoutet die Testplatte „Stoned to the Bone“ von James Brown aus 4 Boxen. Okay, der eine Kanal ist nicht ganz so voll, da fehlt es ein wenig an Bass. Ich habe aber nun wirklich keine Zeit mehr, kleinlich zu sein. Zwischendurch ruft Armin an, hatte ich glatt vergessen. Margarete, die liebe, sprach Armin also schon an und wir verabreden uns um 19:15 Uhr vor meinen Haus.

Ich packe alles ein, mache leider schon wieder in Eile meine Abendgebete und ziehe meinen silberfarbenen Anzug an. Das Bergfest will ich zelebrieren und ich ziehe seit ca. 10 Jahren zum ersten Male meine Budapester mit Ledersohlen wieder an. Ich fühle mich mondän genug gekleidet und schleppe meinen Flohzirkus in das Erdgeschoss runter. Nach 10 Minuten bin ich nassgeschwitzt. Berufsrisiko des schleppenden Schallplattenauflegers. Da klingelt der Armin auch schon und wir drücken alles in sein süßes Autochen.

Mirko macht das Ellington auf, wir tragen alles rein. Armin kann beim Aufbau helfen und alles flutscht ganz schnell. Mirko ist sehr zuvorkommend und ich nehme mir hier einen Tisch und da einen Hocker, um den Aufbau nicht zu ramschig wirken zu lassen. Dann tönt George Michael durch den Raum und ich bin sehr zufrieden.

Die Gäste lassen nicht lange auf sich warten. Thorsten kommt schon wieder aus Solingen angereist, auch Manfred ist wieder da. Und Marina und Kerstin und Olli und, und, und. Alle halten sich brav an die 3 Lieder-Regel und ich flutsche durch den Laden, verteile Listen, erkläre die Jukebox, wechsle Platten, ziehe Singles raus, begrüße Freunde und Bekannte. Erschreckend schnell füllt sich die Bar. Der Gesprächspegel steigt und ich ziehe die Lautstärke immer höher. Robert, der Chef, kommt und wir unterhalten uns kurz, dann stellt er sich selbst hinter die Theke und cocktailed und mixed hochkonzentriertst. Ich schwitze in meinen Anzug wie in der Sauna, fühle mich aber ansonsten total wohl und gut aufgehoben. Ich mag die arbeitssame, höfliche Stimmung des Personals und trinke einen Krug Wasser nach dem anderen, ohne auch nur 1 x auf die Toilette zu müssen. Nein, es ist nicht die Prostata, sondern alles wird sofort wieder ausgeschwitzt.

Andreas M erscheint, ich mache ihn mit Caroline bekannt. Nach 10 Minuten unterhalten sie sich, als ob sie gemeinsam zur Schule gegangen wären. Da haben sich zwei gefunden, ohne gesucht zu haben.

Mein Freund der Baum lebt. Ansonsten war ich ein wenig so müde, wie ich hier aussehe.

Meine Süße Erinnerungs-Gang ist auch da. Raphael hat ein Monster von Kamera dabei und macht ausgiebig Fotos. Mit Nelle tanze ich zu Feist und Andreas und Kathrina machen einfach mit. Der Abend schießt dahin und um ca. 0:20 Uhr bin ich mit den Wünschen durch und der gute Andreas hilft mir beim Abbau. Der vorher schon getrunkene Mendoza scheint die Erkältungsanzeichen zu dämpfen und ich habe Kommunikationsbedürfnisse. Also setze ich mich an den Tisch der Brunnenstraßen-Kids und schnell drehen sich die Gespräche um Jahrhundertsäufer wie Hemmingway oder Lowrey.

Ich hätte bis zum Morgengrauen hier sitzen können. Mendoza trinken und immer lauter plaudern und lachen. Aber ein Rest Vernunft macht sich bemerkbar und ich will mich bei Robert verabschieden, der immer noch mit schwarzen Handschuhen Cocktails im Akkord zaubert. Da unterbricht er seine Arbeit und ich beobachte, wie er seine Handschuhe auszieht, sich lange und ausgiebig die Hände wäscht und diese dann konzentriert abtrocknet. Irgend etwas fasziniert mich an Roberts Habitus. Er scheint nie etwas nebenbei zu machen. Wie schon angedeutet: ich finde das geradezu hypnotisch beruhigend anzuschauen. Robert kommt dann zu mir und reicht mir die Hand und bedankt sich für die seiner Ansicht nach schöne Aktion. Wir machen aus, uns irgendwann ausführlicher zu unterhalten und ich bedanke mich für die Gelegenheit, hier die Jukebox aufbauen zu können, da kommt mein Taxi.

Angenehme Heimfahrt, schnelles Reinräumen des Equipments. Ich beschließe, sofort mit dem Blogeintrag zu beginnen und tippe zwei Stunden wie in Trance und bin bei meiner Beschreibung erst am Nachmittag angekommen…

Heute Abend BCN Tres Chicas: Ay, Ay, Ay! Das verspricht, ein wilder Abend zu werden, Hombre!

PS: die Fotos Raphaels folgen hoffentlich bald.

Tag 15 – Galapagoz

Aufbau Galapagoz

Es häufen sich Anmerkungen der Dramadichte meiner Berichte. Nun, wahrscheinlich beschreibe ich meine Tour einfach zu dramatisch. Ja dann halt mal der Bericht eines völlig undramatischen Tages.

Aufgewacht, aufgestanden, kalt geduscht, Nudeln mit Salbeibutter gefrühstückt. Ein langes, intensives und aufwühlendes Telefongespräch geführt. Zu P. geradelt und etwas geplaudert. P. möchte die menschliche Jukebox für Events vorschlagen. Finde ich gut.

R. in seinen Lokal besucht. Auch hier ein Plausch gemacht und wieder nach Hause  gefahren. Haushaltsdienste, Korrespondenz geführt, mir Gedanken über das Equipment gemacht. Jemand bietet mir zur Unterstützung der weiteren Tour seinen Dual 1225 an. Wir wollen uns am Donnerstag hierzu treffen. Da ich heute undramatisch schreiben will: coole Sache, prima!
Ich treffe T. auf  der Straße und wir verabreden uns zum gemeinsamen Kochen, ebenfalls am Donnerstag. Der nächste Montag soll übrigens nicht in einen Lokal stattfinden und ich kläre telefonisch Unterstützung ab. Möge am Montag die Sonne scheinen. Da ruft mich Martin vom Galapagoz an, um den Aufbau zu klären. Da ich sowieso bei Conrad um die Ecke vorbei wollte, kündige ich mich vor Ort an.

Dramatisch aufgedunsener Gesichtsausdruck des immer noch erkälteten Specks.

Martin bietet an, über die Hausanlage zu spielen. Na gut, mache ich es mir mal einfach und sage widerstandslos zu. Conrad hat ein Teil des gesuchten von mir, ich radele mit Mammut durch den dichten Verkehr, der eher einen kriechenden Stau gleicht. Nun aber fix Gebete gemacht, Zeugs gepackt und Anzug angezogen. Der graue Leinenanzug soll es sein: locker, leger und luftig. Das Wetter sieht nach Gewitter aus, doch ich komme trocken im Galapagoz an.

Simone sitzt schon mit einer Bekannten vor dem Galapagoz, ansonsten kann ich nicht erkennen, wer Stammgast ist und wer der Jukebox folgt. Ich baue im Eingangsbereich auf, die Hausanlage wird so laut aufgedreht, dass die Leute vor dem Lokal alles hören können. Allerdings lässt der Sound zu wünschen übrig: im vorderen Bereich des Galapagoz hört man den linken Kanal, im hinteren den rechten. Martin und Frank knobeln an den Boxenverbindungen rum, ich verteile Listen.

Fliederfarbene Tanzträume

Vor dem Aufbau sitzen zwei Damen und fragen nach Howard Carpendale und überhaupt deutsche Musik. Ich gebe ihnen eine Liste samt Wunschzettel und ein dazugehörender junger Mann hilft ihnen bei der Auswahl.

Simone hat als erstes den Zettel voll, Martin und Frank haben ihr bestes mit der Anlage gegeben, ich lege auf. Zettel um Zettel um Zettel spiele ich herunter. Eine weitere Dame setzt sich zu mir und wir unterhalten uns. Sie las den Artikel in der Rheinischen Post und findet das Unternehmen ganz wunderbar. Sie habe selbst einen Plattenspieler und hört regelmäßig noch Musik. Sehr sympathische Frau.

Und das ist die Wahrheit: draussen sitzen lauter Jungs und Männer, drinnen nette Damen. Die erstgenannten Damen springen wie in der Erweckungskirche auf und tanzen ausgelassen zu „Love is in the air“ von John Paul Young. Die eine Dame ruft gar, sie habe nicht mehr Rücken. Halleluja, die Magie der Musik ergreift ihre Körper.

Doch wie immer folgt bei den Wünschen auf Tanzmusik nicht immer Tanzmusik. Die Hitze im Galapagoz ist kaum auszuhalten. Ab und an springe ich vor die Türe, um etwas mehr oder weniger frische Luft abzubekommen. Und ein Zettel folgt den anderen. Ich sehe schon das Ende Abends kommen. Soll heissen, ich habe genügend Wünsche bis Mitternacht. Doch da macht Martin eine kleine Promotour durch das Publikum und weitere Wünsche liegen vor mir. Okay, dann wird es halt halb zwei.

Neues, aber auch erfolgsloses Marketing-Werkzeug

Endlich Regen und es kühlt schnell angenehm ab. Die Dame, die durch die RP ins Galapagoz fand wünschte sich unter anderem „Cold Turkey“ von der Plastic Ono Band. Wer hätte das gedacht? Sie erzählt von Konzerten in den 70ern wie zB von Johnny Guitar Watson in der Philipshalle vor komplett leeren Rängen und einen Ry Cooder-Interview in der Zeit.

Der Regen treibt etwas Publikum in die Räume. Single für Single, Zettel für Zettel. Mayo liefert eine kleine Tanzeinlage zu „Only after dark“ von Mick Ronson. Das war es jedoch mit der Tanzerei. Ja und dann sind die Zettel irgendwann abgespielt, die Anlage abgeräumt und Mammut bepackt. Winkewinke und Tschüss und 1 x quer durch Düsseldorf gefahren. Dann wieder alles in die Wohnung gepackt und um 3:30 Uhr ins Bett gefallen.

Heute ist Bergfest, Tag 16. Diesen feiere ich in der Bar Ellington. Bis dahin eine harmonische Zeit…

Tag 14 – Enuma

Improvisation ist König

Aufgewacht und gleich an mein Plattenspielerdilemma gedacht. Dabei schmerzten mir die Glieder, mein Kopf dröhnte, die Nasenhöhlen zu, der Hals kratzig. Man nennt es Erkältung oder auf englisch „pain in the ass“. Es bringt einen nicht um, aber nervt höllisch. „Alternativlose Situation“ würde Frau Merkel sagen. Ignorieren ist die halbe Miete.

Zuerst schrieb ich den Blog. Ich war eigentlich ganz fix, trotzdem gehen dabe im Schnitt bis zu zwei Stunden drauf: nochmals lesen, verbessern, Bilder raussuchen, auf Facebook eine Galerie anlegen, etc. Ich mache das von Herzen gerne, aber ich muss mich doch um meinen Schallplattenspieler kümmern!

Der Gedanke, schon wieder bei Hifi Knopf aufzulaufen ist mir unangenehm. Also kontakte ich erst mal einen Bekannten, der Ingenieur von Beruf ist. Mein Plan ist folgender: ich habe einen kleinen und einen großen 2024. Den großen habe ich den Arm geschrottet. Vielleicht kann man den Arm des kleinen auf den großen transplantieren? Die Werke sollten identisch sein. Doch der Ingenieur winkte ab: er hat keinen Zugriff auf seine Werkzeuge, weshalb er zu Knopf verweist. Der Kreis ist geschlossen, jetzt gehe ich los.

Ich nehme 2 Kissen und polstere Mammut aus, um darauf die beiden 2024er zu Knopf zu transportieren. In der Werkstatt ist eine junge Frau, die ich bisher nicht mitbekam. Sie ist extrem zuvorkommend und freudig überrascht, als sie mich als Haru Specks erkennt. Sie wollte zu Cemo kommen, doch ihre Band hatte eine Probe. Sie singt und spielt Saxophon. Das finde ich sehr kühl und ich fasse arroganterweise mehr Hoffnung in die Jugend von Heute. Doch zum 2024er-Problem: der Mann mit den heilenden Händen habe frei, doch sie würde sogleich eine Notfall-SMS an ihn schicken. Ich finde ihren Einsatz großartig, aber auch etwas over the top, ohne mit dem Chef gesprochen zu haben. Sie ist aber gar nicht zu stoppen, trotzdem überquere ich die Aachener zum Geschäft, um mit Herrn Knopf zu verhandeln.

Der Herr Knopf grinst mich beim Eintreten auch gleich spitzbübisch an. Ich erläutere mit gesenkten Haupt mein Problem, er legt seine Stirn in Falten und meint, dass der Mann mit dem Plan erst am nächsten Tag wieder da wäre. Nun, was soll ich tun? Ich bedanke mich und ich frage, ob er eine Idee habe, wo ich sonst noch an Plattenspieler käme. Er schlägt Berendt auf der Kölner Straße vor. Komisch, kenne ich schon. Als ich davor stand, las ich „Montags geschlossen“. Aber gut, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Ich überquere nochmals die Aachener Straße zur Werkstatt. Die junge Frau meinte, der Mann mit den heilenden Händen wäre auf den Weg. Ich bin nicht wenig baff und frage, wie weit er zu fahren habe und ob sie mich auf dem Handy anrufen könne. Alles klar, ich gehe also zur Brunnenstraße, um Aki von der Süßen Erinnerung ein Studentendeal abzuschwatzen: ein Baguette mit Kaffee zu kleinen Preis. Natürlich, ich bin doch ein Student des Lebens seit 98 Semester. Doch bevor Aki in Aktion treten konnte, klingelte mein Handy: der Mann ist in der Werkstatt!

Also wieder zurück. Da steht er breit grinsend und schüttelt mitfühlend den Kopf. Ich offeriere ihm zwei Varianten: den kleinen fit machen oder den Arm vom kleinen auf den großen verpflanzen. Aber bitte möglichst heute noch, da das Enuma toll und schön ist und sich sooooo viele angemeldet haben. Er verspricht aufrichtig, sein möglichstes zu tun. Was für ein toller Typ!

Zu Aki wieder und das Studentenmeal reingepfiffen, einen kurzen Plausch mit der Brunnenstraßenselbsthilfegruppe geführt und dann auf Mammut zu Berendt in der Kölner Straße gefahren. Es ist 13:30 Uhr, als ich da ankam. Vorher habe ich nochmals die Öffnungszeiten gecheckt: 11 – 15 Uhr. Exotisch, aber ich befinde mich im Bereich des Möglichen. Der Laden ist aber verwaist und etwas bang rufe ich die Nummer an, die an der Türe angeschlagen ist. Herr Berendt nimmt ab, ich erzähle ihm, dass ich vor seiner Türe stehe und er antwortet im gereizten Ton von guten Handwerkern, ich solle mal das Schild zu ende lesen. Unten steht: Mittagspause von 13:00 – 14:00 Uhr. Er sei am Essen gerade. Statt ihm dazu zu gratulieren sage ich, ich käme also um 14:00 Uhr wieder. Was tun? Mario im Enuma checken, ob alles klar ist.

Ich setze mich mit Mario vor seinen Laden auf die Bank und er offenbart null zu wissen, was ihn erwartet. Wieviel Leute denn kämen und was er im Kühlschrank haben solle und was ich denn brauche. Ich antworte, dass der Abend zuvor ungefähr 15 – 20 Leute wegen der menschlichen Jukebox kamen, ich möglicherweise ein Verlängerungskabel brauche und er Bier im Kühlschrank haben solle und ich vielleicht keinen Plattenspieler habe. Er meint: „kein Problem, ich habe einen Braun zu Hause“. Ich höre „Braun“ und denke mir: geile Sache! Aber nein, so einfach will ich es mir nicht machen. Er gibt mir seine Nummer, damit ich ihn anrufen kann, wie der Stand an der Plattenspielerfront sei.

Zwischenzeitlich ist es 14 Uhr vorbei und ich fahre zu Berendt. Beim Eintreten lasse ich einen älteren Herren vor, was ich wenige Minuten später bereue. Der gute Mann versucht Herrn Berendt in ein Semiprofi-Profi-Gespräch zu verwickeln, was ich selbst nur zu gut kenne. Dass die und die Tonbandmaschine in den 70ern ja immens verkauft worden sei, etc. pepe.

Der Boden Enumas, der Fuß Marios, die Boxenkabel Harus. Lang lebe der Genetiv!

Ich blättere in den Platten und schaue das Sortiment an gebrauchten Plattenspielern an und ahne schon, wie mein Gespräch mit Herrn Berendt verlaufen würde: was ich suche, ist nicht da. Der ältere Herr bemerkt dann irgendwann, ob ich denn ein Mitarbeiter der Werkstatt sei und Herr Berendt erwidert, dass ich ein wartender Kunde sei. Ein schöner Wink mit dem Zaunpfahl. Und tatsächlich meint der Herr, er sei eben eine plapperfreudige, rheinische Frohnatur, worauf ich erwidere, dass ich halt ein schweigsamer Badener sei. Sein Argument, er sei schließlich schon 72 Jahre alt kann ich nicht toppen, aber er geht tatsächlich doch frohgelaunt.

Der Rest war in 2 Minuten abgewickelt. Ich erzählte ihm von der Tour, was ihn erwartungsgemäß null beeindruckte. Ich hätte ihm wohl auch sagen können, dass ich ein Zombiemusical aufführe und ihn als Gabdalf buchen möchte. Der Mann ist eben ein Profi durch und durch. Dann komme ich zum Kern und frage ihn nach 2024er mit CH 130- oder 135er-Chassi. Im Gegensatz zum älteren Herren weiss ich, dass Profis Seriennummern beeindrucken. Doch Herr Berendt zeigt auf einen nicht selbstverstärkten Dual für 400 Euro und meint, dass solche Geräte immer überholt werden müssten und mein Gesuch sich nicht lohnen würde. Herrje, ich habe es versucht… Also Tschüssikovski, Herr Berendt.

So werde ich nie mit Schreiben fertig, also den Schweinegalopp eingelegt: zur Werkstatt von Knopf. Der Mann mit dem Plan ist guter Dinge und wir verabreden uns auf 16:30 Uhr, Ich also nach Hause, um Hausdingers zu machen. Um halb 5 bin ich wieder in der Werkstatt und man sagt mir, es gäbe schlechte Neuigkeiten. Der Mann mit dem Plan hat gleich das komplette Laufwerk des kleinen in den großen umgepflanzt, weil der große einfach einen stärkeren Verstärker habe. Guter Mann, hat mitgedacht. Aber: das alte System des großen hat einen Defekt im rechten Kanal, das andere System des kleinen im linken Kanal. Bitte gehen Sie zurück auf los: kein Stereo. Verdammte Hacke, ich könnte sonstwas vor Ärger. Aber es bringt nichts. Wir beschließen, ein neues System zu bestellen. Was eigentlich nur bis 17 Uhr geht, doch wir haben 17:05 Uhr. Er ruft den Ansprechpartner auf dem Handy an und das Teil soll am Mittwoch raus. Meine bange Frage: ist es am Donnerstag da, damit ich den 2024er nutzen kann? Doch der Mann mit dem Plan verweist darauf, er könne keine Garantie für die Post übernehmen. Einleuchtendes Argument, wir leben ja nicht mehr in den 90ern, wo X+1 galt. Ich danke ihm aufrichtig für seine Mühe, er ruft mich an, wenn das Teil ankommt.

Was tun, was tun, was tun? Ich gehe alle Möglichkeiten durch: MKII, 2 Boxen und den Verstärker mitnehmen. Dann könnte ich die beiden Boxen von Mario mit anschließen und den Raum gut beschallen. Die Magie ist zwar etwas geringer, der Sound aber besser. Der Verstärker ist jedoch ein Line-Teil. Soll heissen: er bläst den Sound exakt so raus, wie er reinkommt. Kein verändern der Höhen oder Bässe. Was bei Singles von den 50ern bis jetzt jedoch kontraproduktiv ist. Also auch noch das Mischpult mitnehmen, um ein wenig fitzeln zu können. Dann kann ich doch aber auch den zweiten Plattenspieler mitnehmen und mixen. Mehr Spaß beim Tanzen und ein höherer Durchsatz an Singles, also schneller = mehr. Okay, so mache ich es.

Mario erzählte Mittags noch eine Kraftwerk-Anekdote: sie seien ganz in schwarz mit weissen Handschuhen die Kö rauf und runter gelaufen. Also wähle ich den schwarzen Anzug mit schwarzem Hemd. Da es aus Kübeln gießt beschließe ich, ein Taxi zu nehmen. Mammut hat auch keine Chance bei 2 MKII und den Boxen ohne zusätzlichen Gepäckträgern. Ich checke eine Motorkutsche für 19:05 Uhr, mache noch schnell meine Gebete, ziehe mich um und schleppe alles nach unten. Taxi steht bereit, wir räumen ein und Tschüss!

Mario ist wie immer tiefenentspannt und ruhig. „Kein Stress“ ist das Motto. Da ich aber kein Italiener bin, habe ich den Ehrgeiz, um 20 Uhr fertig zu sein. Rumräumen, Kabel ziehen, mit Klebeband fixieren, und so weiter. Herrje, ich schwitze mir Handtellergroße Flecken in mein Hemd, die Erkältung macht sich in Hitzewallungen bemerkbar. 2 Damen kommen herein und ich versorge sie mit Listen, um dann weiter aufzubauen. Endlich bin ich fertig und mache einen Soundtest, doch nix da! Einer der Plattenspieler geht nicht. Da kommt Andreas herein, mein alter Freund. Der kennt sich mit solchen Sachen viel besser aus und ich nutze unsere Freundschaft aus, indem ich ihn bitte, mal zu checken, damit ich eine Zigarette vor dem Enuma rauchen kann.

Andreas macht alles nach Plan und meldet nach 10 Minuten, dass das Mischpult einen Schlag habe. Und zwar eher vorne als hinten, da… hier kannst Du Dir eine komplexe Strategie vorstellen, die zum besagten Ergebnis führt. Ergo: es geht nur ein Plattenspieler. Ich checke die Zeit: 20:30 Uhr. Von wegen deutsche Pünktlichkeit. Ich danke Andreas und hole die Wünsche ein, um diese abzuspielen.

Marios und meine Boxen feiern ein Fest. Der Sound ist großartig, satt und ausgewogen. Es kann getanzt werden. Aber es kommen keine Tänzer. Es kommen schon Leute und sie wünschen sich auch unentwegt, aber ich sehe sofort, dass es sich nicht um Tänzer handelt. Ist mir nun aber auch egal. Ich spiele die Platten, die wirklich gut ausgewählt waren. Die eine oder andere hängt auf dem MKII plötzlich, aber was kann ich mehr tun, als die Schultern hochziehen? Da kommt Marc mit einem Freund, der nun das dritte oder vierte Mal zugegen ist. Er drückt mir etwas in Geschenkpapier in die Hand. Ich bin gerührt, habe aber noch keine Muse, es auszupacken. Erst mal Wünsche bedienen bzw. vorbereiten.

Nach einiger Zeit lese ich die beihängende Karte und öffne das Geschenk. Es handelt sich um ein heiles Exemplar der Münchener Freiheit-Single. Wie großartig ist denn das? Ich bin sehr berührt und bedanke mich.

Irgendwann gegen 22 Uhr bemerkt Mario, dass er schon lange nicht mehr so spät in seinen Laden war. Er habe Spaß mit den Leuten und freue sich, neue Gesichter zu sehen. Dann macht er mir auch noch etwas zu essen und wir besprechen, ob wir nicht einen Tanztee für alte Säcke wie uns veranstalten sollten. Wenn Du ein alter Sack wie wir bist und gerne Sonntag Nachmittag tanzen möchtest, dann hinterlasse Deinen Kommentar. Das würde sehr motivieren.

Gegen 23:30 Uhr fordere ich das Publikum auf, noch einige Singles zu wünschen und tatsächlich bin ich um 5 nach 12 fertig. Verabschiedung der letzten Gäste, Mario und ich sitzen auf einen kleinen Plausch vor dem Enuma, um dann konzentriert abzubauen. Um 1:20 Uhr sind wir fertig. Mario ruft ein Taxi, ich werfe alles rein, der Droschkenkutscher fährt mich nach Hause. Ich schleppe den ganzen Kram auf 3 Anläufe in den zweiten Stock, um nun bis knapp 3 Uhr zu tippen.

Morgen ist Mittwoch, also Galapagoz-Tag. Mit welchem Equipment ich aufschlagen werde, kann ich noch nicht abschätzen.

All is full of love,
Haru

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Wurde endlich mal gewünscht. Ein Kracher vor dem Herren.

Tag 13 – Cemo

Platz hat es in der kleinsten Teeküche

Ich fühlte mich alles andere als gut, als ich erwachte. Nase zu, Glieder schmerzen, die Augen dick. Trotzdem raffte ich mich auf und fuhr zu M., mit der ich zu einer Runde Meditation verabredet war. Und tatsächlich fühlte ich mich nach einer Stunde vielleicht nicht wie neugeboren, aber bedeutend besser.

M. wird bald Mutter, so unterhalten wir uns über die Beziehung von Eltern und Kindern und kommen schnell bei Angela Merkel an. Selbst, als ich im Flur stehe und sie mir die Türe aufhält, diskutieren wir noch angeregt.

Draussen tobt der Sommer. Ich rufe Robert, den Henkelmann an und frage ihn, ob wir gemeinsam Essen können. Ich habe einen Heisshunger auf Lammkotelletes, Bratkartoffeln mit Salbei und Spinat. Er stimmt zu, wir verabreden uns auf 15:30 Uhr, ich kaufe alles ein und bringe es ihm vorbei. Dann fahre ich zu Rad ab, um eine fehlende Schraube bei Mammut zu besorgen und einen zweiten Gepäckträger zu bestellen.

Zwischendurch ruft Hifi Knopf an: meine Bestellung wäre da. Ich wundere mich, dass das System für 1224 den Großen schon angekommen sei, ich hatte irgendwie mit 1 – 2 Wochen gerechnet. Ich nehme 1224 auf die Arme und trage ihn über die Straße um die Ecke zur Werkstatt. Zu früh gefreut: es wurde eine Nadel statt eines Systems bestellt. Der Chef ist sauer, der Angestellte wird klein, aber es stellt sich heraus, dass es sich um ein Missverständnis handele. Ich ergreife die Gelegenheit und erzähle vom kleinen 1224, den ich von Nina erhielt und der ein System habe, das baugleich sei. Schnell renne ich nach Hause und hole es. Der Techniker baut die Überbrückung der Kanäle aus, wir legen eine Platte auf und: Disco! 1224 der Große kann nun Stereo. Welch‘ Überraschung.

Zurück zu Henkelmanns Robert. Wie ein Blitz agiert er in der Küche und brät in Rekordzeit ein wahres Soulfood zusammen. Wir haben gehäufte Teller vor uns und essen und reden gemeinsam, unterbrochen von „lecker“- und „buah…“-artigen Ausrufen, die das Mahl meinen. Dann sitzen wir gemütlich noch ein wenig zusammen und reiben uns zufrieden  die Bäuche. Gutes Essen ist so wichtig.

Cemo und sein wunderbares Team

Auf der Fahrt nach Hause schaue ich noch kurz bei Cemo vorbei, um zu schauen, ob er überhaupt an unseren gemeinsamen Abend denkt. Das tat er. Dabei stellte er fest, dass jemand das Tourplakat runtergerissen hatte,  was ihn nicht wenig erboste.

Für Cemo wählte ich den leichten, grauen Anzug, packte alles auf Mammut und fuhr die kurze Strecke pfeifend dahin. Bei Cemo brummte das Geschäft. Er und seine Frau bedienten scheinbar gleichzeitig mehrere Personen, für jeden einen albernen Spruch oder liebe Anrede parat. Es menschelt hier und das ist ein Stück weit das Geheimnis ihres Erfolges. Wegen der Hitze ziehe ich erst mal das Jacket aus und baue dann die Anlage in der Tee-Ecke auf. 4 Gäste setzen sich daneben und liefern gleich viele Wunschzettel ab. Ich versuche, den Aufbau in dieser Enge zu optimieren, setze die Boxen nochmals um und schiebe an den Reglern. Der Klang ist warm und voll und ich habe allen Grund, zufrieden zu sein.

Tanz bei Cemo

Da kommt eine Redakteurin des Überblicks mit Christoph, der Fotograf, den ich seit Jahren vom Sehen auf Konzerten her kenne. Der Überblick plant für die nächste Ausgabe einen Rückblick und will schöne Fotos machen. Gar nicht so einfach in dem Gewussele. Christoph steigt auf Kisten, lässt mich mit Singles posieren und nebenbei sammle ich Wünsche ein und tausche Singles aus. Nach einer halben Stunde ist er zufrieden mit seinem Material und ich konzentriere mich nun auf das Vorbereiten des Sets: alle Wünsche rausziehen und in der richtigen Reihenfolge ablegen, um dann stoisch Single für Single abzuspielen.

Treue Zuhörer wie Thorsten, Armin und Manfred treffen ein. Geplant oder zufällig: viele Gesichter kennt man, viele Menschen wollen Wünsche abgeben. Alle wollen, dass ich vor der Türe aufbaue, doch Cemo ist das mit den Nachbarn zu gefährlich. So kommt immer wieder jemand rein und hört ein wenig zu. Da erscheinen Claudi und Andreas, die Tanzgarde. Claudi hat ab Mitternacht Geburtstag und sie sind entschlossen feierwillig. Zz heiss ist es ihnen drinnen trotzdem.

Mir fallen 3 Kinder auf, die mit Schürzen bewaffnet ernst und konzentriert die Tische abräumen. 2 der Kinder sind auffallend asiatisch, trotzdem Frage ich Cemos Frau, ob das alles ihre Kinder seien. Sie schaut mich kurz mit diesen Mutterblick an, der sagt „bist Du narrisch?“ und erwidert „Das sind doch chinesische Kinder!“ Nun ja, könnten ja adoptiert sein. Aber nein, es ist so natürlich und einfach: die Kinder sind aus  der Nachbarschaft, die ständig mit ihren Sohn spielen. Sie wollen sich etwas Geld verdienen und leisten somit freiwillig ihren Beitrag und lernen nebenbei Verantwortung. Tolle Sache das. Ich frage nach, ob ich ein gemeinsames Foto machen könne. Wieder ein Blick a la „was für eine Frage, klar?“

Ziemlich überzeugender Jubel-Fake

Ich trinke einen Ayran nach den anderen und so langsam wippe und schwinge ich mit der Musik. Der Abend zieht entspannt dahin, da fährt kurz vor Ende, also ca. 22:45 der Soulzug ab. Zwischen dem aufräumenden und wischenden Cemo tanzen immer mehr Leute. Man will noch ein Lied und noch eine Single, doch Cemo will ins Bett. So stehen wir um 23:45 in einer kleinen Gruppe vor dem Laden und beschließen, ins Miss Moneypenny zu gehen und in den Geburtstag Claudis reinzufeiern.

Kollateralschaden der Liebe. Andreas und Claudi, das Geburtstagskind

Die Bedienungen bauen zwar ab, haben aber nichts dagegen, dass ich Mammut in den Laden fahre. Wie leicht das alles geht und wie überraschend großzügig das Team des Moneypennys ist. Ich baue geschwind die Anlage auf und Punkt Mitternacht bin ich fertig. Wir gröhlen „Happy Birthday“, lassen das Geburtstagskind hochleben und ich lege mit den vorhandenen Scheiben Tanzmucke auf. Ausgelassenes Tanzen, große Freude. Kurz vor 1 Uhr dann schnell abgebaut, da der Kellner seinen Zug erwischen muss.

Zu Hause angekommen trage ich die Anlage rein. Der 1224er rutscht mir ab und ich greife instinktiv zu: ich halte mich am Tonarm fest, der einfach nur abknickt. 1224 ist schwer verletzt. Herrje, gerade mal ein Abend lang hatte ich ein perfektes System. Ich habe die Idee einer Lösung, aber das ist ganz schön wackelig. Und für  das Enuma haben sich viele Leute heute Abend angemeldet. Tja, ich muss mich nun um anderes kümmern, als Erlebnisaufsätze zu schreiben. Bis dann, also heute Abend vielleicht?