Indian Summer – 3 Jahre Sennhütte – 65. Geburtstag

Indian Summer

So, das ist der gefühlt drölfzigste Anlauf, die 3 Termine in 2 Tagen samt Vorbereitungen zu beschreiben. Wir müssen tapfer sein: es wird viele Worte und so gut wie keine Bilder geben. Also los geht es.

Schon Anfang des Jahres wurde ich für einen 65. Geburtstag gebucht. Das telefonische Vorgespräch war angenehm und prima. Es würden irgendwie 50 oder 60 Personen kommen, das ganze findet im Wohnzimmer statt. Die Gäste wären in ihrem Alter und haben entsprechend zeitgemäße Musikvorlieben und sie wollen tanzen. Um den Aufwand gering zu halten schlug ich vor, einfach nur mit einem Plattenspieler zu kommen und ihre Heimanlage anzuzapfen. Über das Jahr hin kommunizierten wir weiter per E-Mail und ich forderte sie auf, mir ihre Wünsche zuzusenden (um auch mehr Gefühl für das Publikum zu erhalten). Also so war der Plan.

Dann war ich während der Tour mit Steffi von der Sennhütte im Gespräch, ob ich nicht bei ihrem 3-jährigen Jubiläum die Jukebox geben könne. Leider dooferweise am selben Tag wie der 65. Geburtstag. Also machten wir aus, dass ich von 14 – 18 Uhr mich mit neuem Programm das Publikum bespaßen werde.

Ja und dann fragt mich Petra vom Iouna, ob ich am Tag zuvor (also am Freitag, den 21. September) zum indian Summer des Loretto 360° mit Mindix auflegen wolle. Klarer Fall will ich das!

Tage zuvor spricht mich jemand darauf an, warum ich mir eigentlich keinen Hänger an den Mammut knalle, um mehr Ladung aufnehmen zu können. Zwischenzeitlich fühle ich mich als Avantgarde der fahrradfahrenden Schallplattenaufleger, der dort hinradelt, wo noch keine Jukebox stand. Also behielt ich das mal im Hinterkopf. Thorsten hat so ein Teil. Also spreche ich ihn bei nächster Gelegenheit darauf an. Er beschreibt mir den Hänger in den besten Farben: groß ist er und 40 Kilogramm kann er packen. Und wenn ich eine Kupplung für Mammut hätte, würde er mir ihn ausleihen. Ja warum denn nicht?

Am Dienstag fahre ich also zu Düsselrad und bestelle eine Kupplung. Mittwochs solle sie ankommen (ich holte es auch am Mittwoch ab bzw. schraubte das Teil mit Hilfe des Chefs gleich an. Fast nicht zu sehen, der Ömmel, super!).

Am Mittwoch besuche ich Hitsville, die doch schon längst neues-altes Singlefutter haben sollten. Ralf macht den mir auch eigenen Hundeblick und erläutert umständlich, wieviel los wäre. Ich bin zum wiederholten Male die letzten Wochen immer wieder vorbei geschneit, um immer wieder vertröstet zu werden, also bin ich konstaniert. „Ralf, ich brauche Singles, ich habe 3 Termine vor mir!“ Er so „Okay, okay! Donnerstag Vormittag!“

Am Abend ziehe ich aus meinem eigenen Archiv schon mal Singles raus. 200 statt 250 Scheiben wie im August sollten reichen. Und dieses Mal auch nur die A-Seiten (um die Tipperei einzuschränken). Nach Sichtung aller Singles komme ich auf ca. 160 Stück. Ich muss also mindestens 40 kühle Scheiben am Donnerstag bei Hitsville kaufen.

Den Donnerstag Vormittag tippe ich schon mal die bisher gezogenen Singles in Excell ein und gehe erst Nachmittags zu Hitsville. Aber, aber, aber: Ralf hat es noch immer nicht geschafft, die Singles in die Kästen zu stopfen. Ich… war… wütend, riss mich aber extremst zusammen, ehrlich. Trotzdem konnte ich es nicht lassen, dem Ralf ein wenig Vorwürfe zu machen. Er sieht auch alles ein und er drückt mir mal 2 Kartons mit viel Durcheinandersingles in die Hand, die er aber anschließend noch mit Preisen versehen muss. Ach, egal, ich setze mich auf die Bordsteinkante vor dem Laden und ziehe und ziehe und ziehe eine Scheibe nach der anderen. Soooo leckere, soooo tolle Scheiben waren dabei, dass Wut und Ärger sofort verflogen. Mir war aber auch klar, dass dies nicht alles 50 Cent-Scheiben sind. Nach einer Stunde genauer Prüfung des Materials macht dann der Ralf die Preise rauf, wir zählen alles zusammen und alles ist tipitopi schön.

Intermezzo: Nina Simone (die ich unter anderem im Hitsville erstand)

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Beschwingt fahre ich zu Petra ins Iouna um vor dem Fest letzte Unklarheiten zu besprechen. Sie hatte mit Mindix die Nacht zuvor schon die Anlage abgeholt, an die ich mit meinem Zeugs angeschlossen werden solle. Ein wunderschönes altes Mischpult mit eingebauten Verstärker von BELL steht da rum. Und wie ich mir die Anschlüsse anschaue, sehe ich nur dicke Klinke. Ich habe aber nur Cinch. Ich so: „Petra, gibt es hier einen Adapter auf Cinch?“ Petra: „Öh, nö.“ Ein Anruf bei Mindix bringt uns nicht weiter: er hat auch keinen.

Wir machen aus, dass ich bei Mediamarktdoofladen in den Bilker Blödarkaden mal nachschaue, ob die das haben. Natürlich nicht. Der Fachverkäufer schlägt mir vor, 2 Adapter zu kaufen, so ginge es. Zum Glück bin ich kein Landvogt und er nicht mein… Untertan. Ich hätte ihn sicherlich geschlagen und für vogelfrei erklärt. Petra bot sich an, am Freitag Morgen das Teil bei Conrad zu besorgen. Okay, alles gut.

Abends runde ich das Programm der 200 Singles ab, tippere alles ein und formatiere mit Word. Dann ein PDF draus gezimmert und auf den Datenstick geschoben. Mein Plan: gleich Freitag früh das Zeug im Kopiercenter Süd ausdrucken lassen.

Zwischenzeitlich gehe ich zu Thorsten, um den Anhänger abzuholen. Wahrlich großartig groß und schwarz und mit dicken Rohren. Als hätte man es für Mammut geschweisst. Thorsten führt mich in alles ein, wir schließen das Teil an Mammut und ich fahre einfach mal Probe nach Hause, verstaue das Teil im Flur.

Okay, Freitag Morgen. Ich zum Kopiercenter, um die Programme für die Sennhütte auszudrucken. Da ruft mich Petra an: sie steht vor dem Conrad, doch der macht erst um 10 Uhr auf. Wie auch ihr Laden. In Ordnung, ich fahre selbst vorbei. Was ich auch tue. Doch – Überraschung! – Conrad hat den Adapter nicht. Ich versuche noch, in die Ehre des Verkäufers einzuwirken: „Wie, Conrad hat so ein Teil nicht. Conrad hat doch alles!“ Doch vergeblich, uff…

Also bei diesem Musikergeschäft auf der Corneliusstraße vorbei. Auch nichts. Ich telefoniere mit Thorsten, spreche das Problem an. Lösung: Thorsten hat solch ein Teil. Das Leben ist schön!

Auf der Fahrt zu mir nach Hause ruft mich dann Petra an, sie habe einen Adapter besorgt. Egal, doppelt ist wunderbarer. Ich schmeisse alles auf Mammut bzw. Hänger und fahre in die Neusser Straße. Holla, den Hänger kann man schon spüren (doch dazu gesondert mehr). Mindix baut schon kräftig im Hinterhof auf, ich mache mit. Alles klappt prima (bis auf den Umstand, dass mein Signal Mono auf dem Mischpult von Mindix ankommt. Aber zumindest ist es richtiges Mono).

Klingt ganz wunderbar in einem leeren Hof

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Herrje, das wird ja ein Roman! Der Hof füllt sich langsam, Mindix und ich machen PingPong, wechseln uns also ständig bei der Musik ab. Er gibt viel Reggae vor, ich konter vibe-, wenn auch nicht immer genremäßig. Der Hof ist ziemlich schnell total voll mit unterhaltenden Menschen. Okay, es wird nicht getanzt, doch man scheint sich gut zu amüsieren. Das reicht mir.

Irgendwie wird es immer leerer, wir packen also zusammen, ich alles auf Mammut rauf und ich fahre sehr, sehr vorsichtig nach Hause. Der Abend war feucht und auch wenn die Straßen wirklich wie leergefegt wirkten, wollte ich nicht Grund für eine Karambolage sein.

Entpacken und hochschleppen, der Fluch des Schallplattenauflegers. Aber irgendwann ist das auch fertig und ich werfe mich ins Bett.

Konzentriertes Kurzschlafen und aus dem Bett wieder gepurzelt. Mir ging es nicht gut. Mir ging es schlechter, als ich zugeben möchte. Aber wie man im Süddeutschen sagt: Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps und um 14 Uhr legt die Jukebox los. Nach einem ausführlich heissen Bad packe ich Mammut und fahre zur Sennhütte, der am weitest von mir entfernte Jukebox-Termin im ganzen August. Wenn Du so mit vollgepackten und behängten Mammut fährst, dann stellst Du plötzlich fest, dass Düsseldorf extrem bergig ist. Die Ackerstraße hoch ist der blanke Horror. Jetzt schon läuft mir der Schweiss Hektoliter-artig an allen Gliemaßen runter. Na prima! Aber ich schaffe es bis zur Sennhütte.

Hier ist Aufbaugeklingel angesagt. Steffi meint noch, ob ich erschöpft sei. Ich mag es, wenn man mir das gleich ansieht. Sie meint, ich könne mich ja nun hier ein wenig ausruhen. Das gefällt mir. Sie schlägt vor, dass ich vor der Sennhütte aufbaue, was ich auch gleich mache. Und da kommt von einen älteren Herren auch gleich der erste Zettel mit Wünschen und er feiert jeden einzelnen Titel total ab. Er erzählt und erzählt von seinen früheren Reisen und wie er immer Musik aus dem Lande mitbrachte und dann zu Hause anhörte. Aus Südamerika und Afrika und Asien und überhaupt. Das Wetter war leider nicht so gut und es wehte kräftig. Und wie ich registriere, dass alle Gäste drinnen sitzen und ich mit dem wettergegerbten älteren Herren alleine vor dem Laden sitze, beschließe ich, alles reinzuräumen, was ich auch tue. Drinnen die Familie der Chefinnen und ein paar Gäste. Wegen des Babys von Iris mache ich nicht ganz so laut, aber ausgerechnet jetzt geht es mit den harten Wünschen los. Zudem stehe ich genau auf der meistbegangenen Kreuzung Theke/Schankraum/Toilette/Aussenbereich und muss mich ständig zwischen den Leuten winden. Steffie bemerkt irgendwann, dass im unteren Aussenbereich nun sehr angenehm wäre, da baue ich einfach ein zweites Mal ab und auf der Terrasse wieder auf. Herrlich! Die Sonne scheint und ab und an kreischt ein ICE vorbei. Ich mache es mir mehr als bequem und nehme Kärtchen entgegen, die ich dann auch brav runterspiele.

Wurde einige Male in der Sennhütte gewünscht. Erstaunlich, aber gut.

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Es wird auch immer voller, die Uhr aber auch immer näher Richtung 18 Uhr. Gnadenlos lasse ich den Hammer fallen und räume Viertel nach Sechs alles ab (dann waren die letzten Wünsche auch gespielt). Dann schnell auf Mammut und nach Hause geritten. Ursprünglich wollte ich direkt zu Frau Z. zu ihren 65. Geburtstag, doch durch ein Telefonat besprachen wir, dass ich um ca. 20:30 Uhr ankomme und aufbaue, um um 21 Uhr dann loszulegen.

Zu Hause nutze ich die Zeit, anderes Equipment einzupacken. Irgendwie war mir der Dual nicht ganz koscher. Ich packe Verstärker, Mischpult und einen MKII zurecht und ruhe mich ein wenig aus. Dann aber wieder los Richtung Flingern zur Feier. Zwischenzeitlich war es schon dunkel und ich fuhr langsam, aber angestrengt durch Düsseldorf. Dann auf Höhe des Bahnhofes blaues Blinklicht hinter mir. Ich drehe mich kurz um und sehe einen Polizei-Bus hinter mir. Ich kann nun nicht umdrehen und Zeichensprache machen, weshalb ich mir mit ausgestreckten Zeigefinger auf den höchsten Punkt meines Kopfes tippe. So wie „bin ich gemeint?“. Eine Lautsprecherdurchsage oder kurze Lichthupe hätte mir gereicht. Aber kein Zeichen, nur Blinklicht. Also bleibe ich stehen, der Bus auch. Der Herr Polizist steigt aus und meint, ob mein Gefährt kein Licht habe. Klar habe ich Licht. Vorne und – äh – hinten. Was man aber wegen des Anhängers scheinbar nicht sehen kann. Er meint, er habe keine Lust, heute Abend noch einen Unfall aufzunehmen, ich müsse auf den Bürgersteig. Ich so: „bis nach Flingern?“ Er: „Ich drehe hier noch ein paar Runden und wenn ich sie nochmals erwische, gibt es ein Verwarngeld!“ Ich so: „Ich habe verstanden“.

Dann schiebe ich das ganze 500 Meter weit und beschließe, erneut das Gesetz zu brechen. Ich fahre also – vorsichtig! – auf dem Gehweg weiter. Aber wie schlimm das war. Ich nehme natürlich Rücksicht auf jeden Fußgänger. Ich lasse jeden an engen Stellen vor. Das dauert. Das dauert viel zu lange. Ich komme zu spät.

Das letzte Stück sind die Straßen frei und ich gebe alles. Ich zwinge Mammut und Hänger und die Last mit meinem kompletten Gewicht stehend zu Höchstleistungen. Kurz nach Neun stehe ich vor dem Haus, packe alles runter, um mit einem Nachbarn reinzuschlüpfen. Alles in den Aufzug rein und in den 5. Stock gefahren, ufff. Im Wohnzimmer sitzen andächtig gefühlte 60 Personen im Kreis, jemand trägt etwas vor. Ich hüpfe ins Bad und versuche mich abzukühlen. Vergeblich, es ist einfach sehr warm in der Wohnung. Die Laudatio ist vorüber, ich begrüße kurz Frau Z. und gratuliere ihr. Dann baue ich in einer Ecke neben dem Büffet auf. Ich transpirierte nicht. Ich schwitzte nicht. Ich lof aus. Aus allen Ecken und Poren und überhaupt. Ich tropfte so ziemlich alles regelrecht nass. Mühsam versuchte ich mit einer Serviette das ganze in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig betete ich innerlich, dass die Anlage läuft, der Sound gut ist, die Lautstärke reicht. Die Leute unterhalten sich oder schauen mir halt zu, prima.

Ganz leise höre ich probe und es klingt beschissen. Ich mache etwas lauter und es klingt akzeptabel. Ich beschließe aufs ganze zu gehen, rufe dem Publikum „wollen wir es probieren?“ und komme den Leuten mit Rock n Roll. Hurra und wilder Tanz, die Leute drehen sich nach dem Lied alle zu mir und Applaudieren. Nächste Platte, weiter getanzt. Ich merke schnell, dass es möglichst originale Lieder aus den 50ern und 60ern sein müssen und die Leute einen emotionalen Draht zum Song haben. Der zweite Teil geht nur über Osmose, Mojo, Intuition. Oder für Nerds: Trial and Error und dabei immer eine gute Figur abgeben.

Es schrappte hier und da, ich hatte wieder mal Muffe, dass mein Material oder meine Kreativität nicht ausreichen, um den Abend gut zu gestalten, aber es klappte. Schnell wurde weniger getanzt, was ich aber verstehen kann: die Leute tanzten mitunter ohne Rücksicht auf Alter und/oder Konstitution.

Um Mitternacht hatte jemand auch noch Geburtstag und wir sangen „Happy Birthday“, weil ich wieder keine geeignete Platte dabei hatte. Ich finde aber singen viel, viel schöner zu Geburtstagen. Und so wurden noch 2 oder 3 Lieder angehängt. Ich fühlte mich sehr wohl.

Ja und kurz vor 0:30 Uhr vernahm ich, dass um halbeins Schluss sein soll. Huch, wie gut. Als letztes Stück legte ich Papa und Tochter Sinatra auf und alle lagen sich in den Armen. Mir wurde auch ganz blümerant.

Don’t mind the pics, it’s the music

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Die Heimfahrt war sehr okay, immer schön die Dorotheenstraße und dann bis zum Südring am Fahrradweg entlang. Ich kam um 1 Uhr an, verpackte alles und ging dann zu Orlando in die Bar Alexandra, um einen Whisky Sour zu trinken. Er schmeckte köstlich.

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