Düsseldorf und seine Bands. Muss ich eine Aufzählung starten, wer hier seine ersten Töne wagte? Brauche ich nicht, dafür gibt es ja Wikipedia. Hier werden 34 Bands aufgezählt und ich kenne (als Nicht-Düsseldorfer) die meisten. Na gut, sonderlich aktuell erscheint die Aufzählung nicht, fehlt doch Stabil Elite. Die denke ich mir hinzu und komme auf 35 Bands.
Nun hört man immer wieder, dass Bands Probleme mit Proberäumen haben, solange sie nicht rein elektronisches spielen, welches leiser gestellt werden kann. Oder sie genügend Kleingeld besitzen, um sich gleich irgendwas zu kaufen. Und so wenden sich die Leute an die Stadt und rufen „wir brauchen Proberäume!“
Die Stadt nimmt sich des Problems an und macht erst mal eine Studie. Auszug:
Die vorliegende Recherche wurde beauftragt, um die Proberaumsituation in Düsseldorf zu analysieren und mittelfristig zu optimieren. Ziel der Proberaumrecherche war es einerseits, den Bestand der als Proberaum vermieteten Immobilien zu ermitteln. Andererseits sollten potentiell nutzbare neue Räume gesucht sowie mittel- und langfristige Lösungswege zur Verbesserung der Proberaumsituation aufgezeigt werden.
Die Beauftragung und Recherche erfolgte, bevor bekannt wurde, dass der Proberaumkomplex am Gatherweg 98 geschlossen werden soll und damit rund 80 Räume in ihrem Bestand bedroht sind. Inzwischen wurde auch der Bunker Gerresheim (Heyestr.) geschlossen. Hier sollen 16 Proberäume existieren.
Insofern spitzt sich die Proberaumsituation in Düsseldorf weiter zu, innerhalb der nächsten Monate werden rund 100 Bands, die bislang Proberäume gemietet hatten, sich neue Räumlichkeiten suchen müssen.
Die eigentliche Proberaumrecherche wurde im Dezember 2011 und Januar 2012 von der Open Source gmbH und dem Kulturzentrum Zakk durchgeführt. Vermieter wurden offiziell kontaktiert, ergänzt wurden diese Angaben durch Informationen und Hinweise von Bands und Musikern. Abgefragt wurden ebenfalls verschiedene Ämter, Bezirksvertretungen, städtische Tochterunternehmen, Kirchen und Wohlfahrtsverbände.
Schon das Intro lässt ahnen: es sieht schlecht aus mit der Düsseldorfer Proberaumsituation. Nun sind Proberäume die Basis, um Bands zu gründen und Musik zu machen.
Wie reagiert denn die Stadt nun auf diese Probleme? Letztes Jahr – Düsseldorf war gerade besoffen ob der ESC-Aufmerksamkeit – beschließt man also, die Musikszene zu fördern. Man erfindet einen Wettbewerb namens „Tontalente“ und ruft die üblichen Verdächtigen (Schwarzkopf, Audi & Co) als Sponsoren auf. Dann macht man für 15 € Eintritt (plus VVK-Gebühren und so) ein Festival in der Tonhalle. Erster Preis: 5.000 €. Gewinner 2011: Felix Hein. Sogar „Voice of Germany“ fragte an. Ob es zum Auftritt kam, verschweigt die Seite.
Hier geschieht etwas, was schon länger in der Wirtschaft zu beobachten ist: man möchte gerne ernten, aber nicht säen. Man will die Sahne abschöpfen, ist aber zu faul, die Kühe auf die Weide zu treiben. Oder klarer ausgedrückt: man will tolle Bands haben, gibt ihnen aber keine Möglichkeit zu proben.
Bitte nicht falsch verstehen: ich fordere nun keine zur Verfügungstellung von amtlichen Proberäumen. Ich kenne solche Ansätze aus meiner eigenen Jugendzeit. Da gab es im nagelneuen Bildungszentrum für Jugendliche einen Proberaum mit 3 Abstellkammern, alles in Lila gehalten und Teppichböden an den Wänden, um den sich dann 200 Bands kloppten, man sich aber ansonsten an die Öffnungszeiten des Zentrums zu halten habe. Das sind zwar bessere Bedingungen, als gar keine, aber keineswegs optimale.
Was es eher braucht, sind Freiräume und Brachflächen. Orte also, die zwar nicht perfekt, aber günstig und groß genug sind. Ich persönlich hoffte vor Jahren darauf, dass die Stadt die Finger vom Bilker Bahnhof lässt und die Räumlichkeiten einfach an Künstler und Musiker vergibt. War natürlich extrem naiv gedacht, wir brauchten doch dringend eine Verlängerung der Kö, die man nun „Düsseldorf Arcaden“ nennt.
Laut einer Studie gab es im 4. Quartal in Düsseldorf 1 Mio. m² leerstehende Büroflächen. In ausgeschriebenen Zahlen: 1.000.000 m². Nun, warum nicht mal hier einfach ein wenig Leerstand nutzen? Herrje, an Fläche scheint es nicht zu mangeln. Wohl aber an Fantasie und eindeutiger Motivation. Oder?