Nein, es geht nicht mehr weiter

Alle kennen Kraftwerk und alle lieben Kraftwerk. Diese Elektronik, diese Romantik, diese Stringenz, dieser Pioniergeist! Ich heuchle ein wenig, denn sosehr das vor fast 30 Jahren noch stimmte, sosehr wurden sie zwischenzeitlich rechts und links überholt. Meine Meinung: „Computerwelt“ von 1981 war das letzte wichtige Album von Kraftwerk, der Rest ist ein Zementieren des Status Quo ohne Aussicht auf einen Paradigmenwechsel.

Das ist auch nicht das eigentlich schlimme. Fürchterlich empfinde ich nur, wie seit Jahren Kraftwerk-Tracks als Steinbruch für verunglückte Musiker aufgefasst wird, um sich selbst eine vermeintliche Hipness zu verschaffen. Ob auf präparierten Klavieren, unpräparierten Streichinstrumenten oder mit dem Akkordeonorchester: viele Menschen scheinen es für revolutionär zu halten, diese angeblich so kalte, elektronische Musik auf akustischen Instrumenten zu reproduzieren.

Da lobe ich mir Senor Coconut, der diesen Ringelpitz vor gefühlten Jahrzehnten begann, indem er Kraftwerk südamerikanisch interpretierte. Was natürlich funktioniert, warum auch nicht?

Wenn tatsächlich die Auseinandersetzung mit früher Elektronik die Triebkraft sein sollte, dann wünsche zumindest ich mir die konkrete Ausweitung des Repertoires mit frühen Ultravox!, dem frühen John Foxx und – warum nicht? – Japan. Oder lieber doch nicht. Bitte, liebe Neoklassiker, reitet weiter auf einen toten Pferd dahin und macht euer Publikum staunen. Wenn es irgend jemandes Miete bezahlt, soll es gut sein. Aber bitte aufhören, das mit Klassik oder Kunst in Verbindung zu bringen. Es ist nichts anderes als Gebrauchsmusik. Was zumindest die frühen Kraftwerk keinesfalls als Beleidigung verstanden hätten.

http://youtu.be/LMdWIBciPnM

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