Schöner Gedanke am Montag: ich habe eine 5-Tage-Woche vor mir. Ich beobachte an mir, dass ich das Touren viellecht bald vermissen könnte. Verrückte Welt.
Ich muss mir mal selbst wieder etwas kochen. Als Nachkriegskind habe ich etwas Vorratshaltung von Muttern gelernt und suche den Schrank ab. Olivenöl, Hartweizennudeln, gestoßener Chillie, frischer Knoblauch, Oregano, Sardellen, eine Flasche Tomatenpaste und eine Dose ganze Tomaten, Kapern, ein Glas Oliven, etwas Parmesan und Balsamessig ergibt? Putanesca, die Königin unter den Saucen. Es fehlt zwar strenggenommen breitblättrige Petersilie, aber heute nehme ich es nicht so genau.
Diese Art des Kochens schaffe ich zwischenzeitlich nebenbei. Wenn erst mal alles geschnippelt und in der Pfanne ist, muss man nur noch ab und an das ganze wenden und gut ist. Geduld ist dabei eigentlich das wichtigste.
Wie geplant sind es rund 4 Portionen. Eine Portion wird sofort gegessen, der Rest kommt in den Kühlschrank. In 5 Minuten hat man so ein feuriges, leckeres Essen zubereitet. Putanesca macht mich glücklich.
Aufräumen ist endlich mal angesagt. Und das nachtragen der Wunschzettel der letzten 5 Tage. Und Wäsche waschen und Bett abziehen und Haushaltsdingers halt, wie das jeder Mensch ab und an zu tun hat. Aufgrund der Schmerzen im Rücken bewege ich mich eher langsam durch meine Wohnung. Jetzt noch einen Bandscheibenvorfalldingens fehlt mir gerade noch.
So tropft der Nachmittag dahin. Um 19 Uhr packe ich Mammut und fahre kurz in der Brunnenstraße vorbei. In der Süßen Erinnerung sind Aki und Raphael zugegen und ich gönne mir einen Apfelkuchen mit Nüssen. Sehr zu empfehlen. In der Videotheke ärgere ich mich ein wenig, weil ich zwar die Hülle, aber nicht den DVD dabei habe. Okay, dann halt mi Überziehungsgebühren am nächsten Tag regeln.
Und dann geht es auch schon in die Altstadt. Mammut und ich fahren ungern durch dieses Gebiet. Der Boden ist holperig, die Menschen schwanken gefährlich hin und her. Es ist ein Geduldsspiel mit all dem Gepäck sich durch die Massen zu zwängen.
Mumpi schmeisst die Bar Chérie. Er ist ein schlaksiger Kerl mit rapselkurzen Haaren und einigen Bildern auf der Haut. Man könnte sich ein wenig vor ihm fürchten, wenn man mit diesen Symbolen sofort Gewalt assoziiert. Doch Mumpi ist ein ganz netter, lieber und aufmerksamer Mensch.
Vor der Bar ist es gut gefüllt, in der Bar leer. Mumpi gibt mir freie Hand beim Aufbau und ich räume Tische und Stühle um und werfe die Kabel quer durch den Raum. Draussen sitzen einige Menschen, die ich von facebook, der Kassette oder einfach vom Ausgehen her kenne. Ich verweise auf eine relativ kurze Aufbauphase und werkel weiter.
In der Bar setzen sich 4 Herren in die Ecke und feixen erwartungsvoll. Ihnen reiche ich zuerst die Listen und Wunschzettel und sie berichten, dass sie die Jukebox seit dem RP-Artikel beobachten und nun endlich mal kommen können. So etwas freut mich natürlich sehr zu hören. Sie diskutieren, wie eine coole Wunschliste zu gestalten ist und ich verteile vor der Bar weitere Listen.
Nummern der Wunschzettel aus dem Koffer ziehen, die Singles in der richtigen Reihenfolge stapeln, Platten wechseln, Ingwer-Tee trinken, kurz vor die Türe zum Rauchen: Jukebox-Alltag ein wenig. Aber immer mit Variationen. Vor die Jukebox setzt sich eine Frau mit ihrer Tochter. Sie erblickt 1224 und hält sich die Fäuste vor den Mund. Sie scheint total gerührt zu sein, was sie da sieht. Sie sagt zu ihrer Tochter: „Hast Du sowas schon mal gesehen? Das ist ein Plattenspieler!“ Ich bin tatsächlich geschockt und kann es gar nicht glauben, dass es Menschen über 10 Jahre gibt, die noch nie einen Dual erblickten. Die Dame sucht sich 3 Titel aus: Kate Bushs „The man with the child in his eyes“, Led Zepelins „Black dog“ und Dickies „Nights in white satin“. Ich mache sie darauf aufmerksam, dass es sich bei den Dickies um eine Punkband handelt und das bearbeitete Lied nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Original hat. Aber das ist ihr egal. So ist es recht!
Thomas, der fleißige Fotograf, kommt mit seinem Freundeskreis an und der kränkelnde Mayo gesellt sich dazu. Sie stehen in der Mitte des Raumes und basteln Listen bzw. feiern Lieder ab. Ähnlich wie in der Sennhütte am Sonntag ist es gemütlich-familiär: man ruft sich durch den Laden zu und skandiert „Bra-vo! Bra—Vo!“ zu besonderen Singles.
Besagte Mutter kommt dann 20 Minuten vor Mitternacht zu mir und flüstert mir zu, dass ihre Tochter Punkt 12 Geburtstag habe. Ob ich nicht 2 vor 12 „Black dog“ auflegen könne. Ihre Tochter hasse das Lied zwar, aber das sei ihr egal. Ich finde, das ist eine prima Erziehungseinstellung und stimme eifrig zu.
Kurz vor 12 rufe ich dann in den Raum, dass wir ein Geburtstagskind anwesend haben und fordere alle auf, ein Geburtstagslied zu singen. Das tun wir auch lauthals. Dann lege ich „Black dog“ auf und Mutter und Tochter tanzen dazu. Ein wunderbar obskurer Moment war das und wir grinsen uns alle gegenseitig an.
Ich will mein 60-Lieder-Programm auf alle Fälle voll bekommen und läute eine weitere Wunschrunde ein, da ich vorher alle auf 3 Lieder beschränkte. Und – Zackzack – lagen die Wünsche vor mir. Die 4 Herren am Ende des Raumes haben den ganzen Abend gefeiert und sind vorzüglich drauf. Als sie dann gehen, erhalte ich ein wahrlich fürstliches Trinkgeld von ihnen. Bedankt, die Herren!
Am Ende hilft man mir noch dankenswerterweise beim Abbau, nach 10 Minuten ist alles eingeholt und verpackt auf Mammut. Thomas versucht sich im Fotografieren beim Start, ich kehre aber um, um mit den noch Anwesenden zu plaudern. Herrje, Gastronomie-Volk ist ein trinkfreudiges Volk und so gegen 1:30 Uhr erst kann ich mich losreissen und nach Hause mit Mammut fahren. Der Dienstag findet in der Bar Alexandra statt. Ich muss nur die Treppen runterstolpern und die nächste Türe nehmen. Mammut kann sich ausruhen. Ich nicht 😉
… hat der Genesung temporär Vorschub geleistet, merci*
Der Abend war ein Highlight! Bitte bald wieder auf Tournee gehen!!!
Christian
PS… und ja, als ich gegangen war, hörte ich das gewünschte „Ain’t no sunshine“ wundersamerweise noch bis auf den Burgplatz glasklar klingen! 🙂