Der wichtigste Grund, eine Band zu gründen, sind die vielen schönen Namen, die einem durch den Kopf gehen. Selten sind Bandprojekte so schön, wie bei der Namensfindung. Schon als Nichtmusiker haben mein Kinderbusenfreund und ich uns Namen gegeben. Ich war nicht sonderlich kreativ und benannte mich nach B.B. King einfach in D.K.King. Aber gemach: ich habe nie unter D.K. King gespielt, geschweige denn veröffentlicht.
Meine erste Band war – surprise! – eine Schülerband. Wir waren zu dritt und hatten keinen Bassisten. Aber immerhin spielte ich Stanley Clarks „School Days“ auf der Gitarre. Einen Namen hatten wir jedoch nicht, soweit es mich erinnert.
Die erste „richtige“ Band mit „richtigen“ Namen gründete ich mit Michael in Pforzheim. Heute liest sich das vermessen wegen der Langlebigkeit und den lokalen Ruhm dieser Band und ich war nur bei 2 Konzerten Bassist. Aber was soll es? Ich war bei der Namensnennung dabei. Und das ging so:
Wir wollten voll provozieren und schockieren. Vorbild vom Schockfaktor her waren die „Dead Kennedys“. Herrje, die Kennedys zu nutzen, das machte einen blasphemischen Eindruck auf uns. Gerade starb John Lennon, womit der Namensgeber klar war: Blöder Hippie, alle lieben ihn, da wollen wir zuschlagen (ich muss hoffentlich nicht beteuern, dass ich das heute alles ganz anders sehe. Aber jedes Jahr jünger ist ein Jahr dümmer in meinem Leben). „Dead Lennons“ wäre nun etwas doof gewesen, weshalb wir uns einfach „The Lennons“ nannten. Mit einer Zielscheibe im „o“. Ja, sie sind immer noch unterwegs und ab und an sang ich zu Jubiläen ein Lied dann mit, was mir „Du olle Schwuchtel!“-Rufe vom engstirnigen Punk-Publikum einbrachte. Ich genoß diese ungeschickte und dumme Beleidigung in tiefen Zügen und Michael verteidigte mich mit den Worten „Du bist doch selber eine Schwuchtel!“
Die nächste Band nannten wir „Dilemma“. Ich fand das jetzt nicht soooo großartig vom Namen her, da ich ja vom Provo-Amt kam, gewöhnte mich aber an der gebildeten Attitüde. Die Wahl zwischen 2 schlechten Möglichkeiten ist nicht zu unterschätzen an Namen. Dilemma gibt es nicht mehr. Doch es gibt noch ein wenig Ruhm.
Mein Herz hing an „Ich möchte den Androiden ihre Freiheit wiedergeben„. Das war ein Projekt mit Bernd. Den Titel hatten wir aus Bilals Exterminator 17: durch das Heft blättern und irgendwo den Zeigefinger reinstecken. Fertig ist der Bandname. Unsere erste, instrumentale Veröffentlichung nannten wir nach dem selben Prinzip aus einem Physikbuch: Dreidimensionaler, unendlicher Raum. Wir schafften es auf 2 Sampler und hatten 2 Auftritte. Was zählt, ist ja der Bandname.
Das war es eigentlich schon, was meine Bandbiographien angeht, bis auf Babsies Diktaturs „Angela Merkel“, ein Beitrag auf einen kleinen Sampler. Doch was hatten wir nicht alles für großartige Namen auf Lager. Mit Stefano wollte ich Il fontana de l’odio (ist das richtig? Die Fontänen des Hasses, natürlich von Theatre of Hate inspiriert) gründen. Irgendwas brutal dolles sollte es werden. Mit Patrick spielte ich mit dem Gedanken, eine total schmusige Band namens The condigo fungus of Love zu gründen. Aus beiden wurde nichts, aber die Namen bleiben ewig in meinen Kopf präsent.
Seitdem sammle ich Bandnamen für Projekte, die niemals realisiert werden. Sollte ich also jemals ein Electronic Body Music – Projekt auffahren, dann unter Flugboot. Engländer und Amis werden sicherlich Spaß an deren typischen Aussprache haben. Und was für tolle Cover man mit Flugbooten machen könnte!
Ansonsten habe ich ein einfaches Konzept entwickelt, um Bandnamen zu generieren: für harte Bands einfach „des Hasses“ angehängt, für softe Bands „der Liebe“. Sollte ich doch noch einen Gitarristen, einen Bassisten und einen Schlagzeuger in meinem Alter finden, die politisch angehauchten Disco spielen würden und Anzüge auf der Bühne tragen, dann würden wir Die Parvenüs der Liebe lauten. Mittelalterrock (den ich ablehne) könnte unter Kerbhölzer des Hasses firmieren.
Und irgendwann mal eine Liste der besten realexistierenden Bandnamen. Ganz sicher mit dabei: El Vez, dem mexikanischen Elvis, der auch David Bowie liebt.