Ob das Leben ein Kampf oder nur ein Spiel ist, sagt mehr über den Sprecher als über das Leben selbst aus. Das Leben ist kein Spiel. Aber immer nur kämpfen… das geht halt irgendwann an die Substanz.
Ich gestehe mir zu, offen über manche meiner Schwächen zu schreiben, was dann oftmals als Weicheierei verstanden wird. Ich kann das nachvollziehen, da Gejammere nervt und die Gesellschaft Sieger liebt. Ich persönlich mag nicht den Sieger, der angekommen ist. Ich mag den Kämpfer, der auch mal auf die Fresse fällt und mit blutiger Nase aufsteht, um weiter zu machen. Denn so ist das Leben.
„Sei nicht so undankbar, vielen geht es noch viel, viel schlimmer“. Das ist richtig. Und ich bin dankbar, dass ich ein Dach über dem Kopf und ein Bett zum schlafen habe. Ich muss auch nicht verhungern und kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Und trotzdem bricht manchmal das große Elend über mich herein. Und wer nie unglücklich in seinen Leben ist, der hat meiner Meinung nach ein echtes Problem.
So viele Worte der Einleitung, aber das musste mal raus. Denn ich will über den Blues schreiben. Nicht diesen elektrischen Blues mit stundenlangen Gitarrengekniddele. Auch nicht den rauchgeschwängerten Crooner-Blues, zu dem sich Cocktails schwenken lassen. Ich meine den Blues, der aus dem tiefsten Schmerz, aus der Hölle der Seele aufsteigt und das Licht sucht. Niemand hat diesen Blues besser dargestellt, als Baby Huey, der arme, fette Baby Huey.
Sein Leben war kurz, gerade 26 Jahre wurde er alt. Und 200 Kilogramm schwer. Er schien sich nicht zu schonen und soll eine großartige Bühnenpräsenz besessen haben. On October 28, 1970, James Ramey died of a drug-related heart attack at the age of twenty-six in a Chicago motel room. Ein trauriges Ende und leider nicht ungewöhnlich für die frühen 70er.
Aber er hinterließ einen Song, den ich jedes Mal höre, wenn ich kein Licht mehr sehe. Es ist der Soulklassiker „A Change Is Gonna Come“ von Sam Cooke. Schon die erste Zeile schmerzt mich „I was born by the river in a little tent“. Baby Huey zieht das erste Wort „I“ lang, sehr lang. Wie die Versicherung, dass er tatsächlich existiert. Baby Hueys Interpretation ist schmerzhaft. All die Schmähungen und Verletzungen sind ebenso hörbar, wie seine zarte Seele, die eigentlich genug von all dem hat. Dieses „Saaaaaaayyyy!“, diesen unglaublichen Schrei den er loslässt, bevor er davon berichtet, dass er seine Brüder um Hilfe bat und doch wieder nur Schläge erhielt… sind ein Zeugnis menschlichen Leidens in seiner tiefsten und unmittelbarsten Art und Weise.
Er singt davon, dass er einst glaubte, das er es nicht lange machen würde aber nun wüsste, dass eine Veränderung kommt… erwies sich leider nicht als wahr. Baby Huey, ich danke Dir für dieses Lied. Es schmerzt mich jedes Mal, es zu hören. Doch am Ende des Songs hast Du mich aufgerichtet. Danke.
http://youtu.be/IF6RaCLO7n0