Just in diesen Momente habe ich das Gefühl, eine verrostete Stange statt einer Wirbelsäule zu besitzen. Aber bitteschön von vorne.
Sprach ich schon mal über Erkältungen? Darf ich soeben genießen. Ich wachte am Freitag Morgen auf und fühlte mich… gar nicht gut. Okay, Madame Mendoza schlug zu und half leider nur in der Nacht von Donnerstag zu Freitag ganz prima. Kurz gesagt: ich fühlte mich gestern Morgen wie schon verdaut. Ich grabe mich aus dem Bett und stelle mich mannhaft dem Leben. Jede Zelle im Körper scheint den Befehl bekommen zu haben, lauthals aufzuschreien. Aber wie lautete der Satz, den ich in Gedanken schon vor Wochen formulierte? Ich schone weder mich, noch Material.
Genug geprahlt, ich könnte an meinen eigenen Worten ersticken (siehe Song 223 der Wunschliste). Ich stand also katzengleich auf (haha!) und setzte mich an den Text, den ich letzte Nacht über den 16. August schrieb. Welch ein Chaos, ich beginne zu überarbeiten. Nach aber gut einer Stunde merke ich, dass dies nichts wird: das muss in einen Guss geschrieben sein oder: vergessen, neu schreiben.
Kurzes, warmes Frühstück, ein Morgengebet und raus in den Tag. Die Sonne strahlt für alle, aber ich habe sowieso Hitzewallungen ohne Ende. Zu Hause erhielt ich einen Anruf von Rad ab: der Gepäckträger für Mammut ist angekommen. Vorsorglich frage ich Robert, den Henkelmann, ob er mir bei der Anbringung helfen kann. Als ich dann den Gepäckträger sehe, kann ich es nicht ganz glauben: es ist ein normaler, schmaler Gepäckträger, auf den Mann vielleicht mal schnell einen Stapel Bücher transportiert. Aber nicht sogenannte Regalboxen. Ralf, der Einkäufer, ist nicht mehr da, so spreche ich mit einen Verkäufer und dem Chef der Werkstatt. Ich umschreibe meine Verzweiflung wie folgt: jeden Tag, an dem ich keinen Gepäckträger habe, muss ich ein Auto oder Taxi checken. Das kann es doch nicht sein. Die beiden verstehen und beraten. Eine Interimslösung wird besprochen. Sie leihen mir einen anderen, ebenso kleinen Gepäckträger, der zumindest auf Mammuts Hintern passt, der andere wird zurück geschickt, Am Samstag wird neu bestellt. Ich nehme das Teil und fahre zum Henkelmann.
Robert bastelt vor dem Lokal an seinen E-Bike rum, ich versuche mich an Mammut. Aber nach 2 Minuten ist klar, dass 4 Schrauben und ein Adapterstück fehlen. Also nochmals zu Rad ab. Uli aus der Werkstatt händigt mit alles aus. Nochmals zu Robert, wo ich fast daran verzweifele, 2 Schrauben anzubringen. Nach ca. 1 Stunde und der Hilfe Roberts ist das Ding dann endlich dran.
Robert fährt in sein Wochenend-Jahresurlaub, ich nach Hause. Dort angekommen ziehe ich den leichten Nesselanzug an und bepacke Mammut: Vorne der Singlekoffer, Diaprojektorständer, Plattenspieler und die Dual-Boxen, hinten die Canton-Teile. Ich fahre eigentlich nicht wirklich, ich krieche dahin. „Lohn der Angst“ fällt mir ein: Männer transportieren einen LKW mit Nitroglycerin durch die holprige Landschaft.
Und da das Packen und die Fahrt länger als geplant dauerte, komme ich erst kurz nach 20 Uhr bei BCN – Tres Chicas an. Die Damen des Hauses und ich besprechen uns über den Aufbau und ich stürze mich gleich hinein: die 4 Boxen im Raum verteilen, Kabel verlegen, Tische wegstellen. Um ca. 20:30 Uhr bin ich endlich fertig. Manfred kommt und wünscht sich etwas. Ein zweiter Gast ist etwas verhalten: er will seine Lieder lieber zurückhalten, bis mehr Volk anwesend ist. Und tatsächlich kommen auch immer mehr. Gegen 21:30 sollten es rund 30 Leute sein, die VOR dem BCN plaudern und trinken. Innen ist es einfach zu heiss. Nur die Damen und ich sind ständig im Raum. Um das überhaupt irgendwie auszuhalten, schaffe ich einen neuen Rekord: 7 Liter Wasser und 3 Ingwertees in 5 Stunden. Es hilft, ich fühle mich nach und nach besser.
Die Leute wünschen sich munter schöne Sachen und die Stimmung wird immer besser, da durchbricht endlich Andreas K. den Bann und beginnt zu tanzen. Alle und alles tanzt ausgelassen. Auch mich packt es und ich biege meinen Körper so gut, wie es die schmerzenden Gelenke zulassen. Besonders schöne Stücke werden mit Applaus und „Bravo!“-Rufen bedacht. Doch der Stapel an Wünschen vor mir ist noch sehr hoch und wir haben spät angefangen. Und dann passiert es doch noch: um ca. 00:15 wurde mir ein Stecker gezogen. Ich war nur noch zittrig und schwach und alles Leben schien aus mir zu weichen. Vor mir eine Horde Tanzwütiger. Ich will das irgendwie durchstehen, das ist mir klar. Bei Elton Johns „Pinnball Wizard“ dann das Malheur: die Platte springt wild. Ich greife in meine Geldbörse und ziehe ein 50 Cent Stück raus, um es auf das System zu legen. Doch der Kratzer ist zu tief und die Nadel springt lustig weiter. Ich breche das Lied also ab, da ruft jemand „Ich will mein Geld zurück!“ Das brach mir in dieser Situation das Herz. Ich nahm das 50 Cent-Stück und schleuderte es in die Richtung des Rufers und zischte noch ein „Arschloch!“ hinterher.
Nun stand ich im Mittelpunkt des Interesses, was mir sehr unangenehm war. Eigentlich wollte ich unsichtbar die restlichen Platten auflegen, abräumen und nur noch schlafen. Man empfiehlt mir Medikamente oder einfach abzubrechen, ich schlage vor, ich wandele das Set soweit um, dass es für die Leute und mich erträglich ist (soll heissen, ich werfe einige Singles raus, die für mich in diesen Zustand unerträglich sind). Wir machen weiter bis nach 1 Uhr, Andreas und Claudi packen beim Abbau mit an und um 1:30 Uhr steht Mammut abfahrbereit da. Ich frage nach einen Osborne, den ich auch erhalte und quatsche ein wenig mit Andreas, Claudi und ihren Gast aus Berlin. Dann setze ich mich vorsichtig auf Mammut und gleite langsam nach Hause. Auf dem Weg überhole ich noch 2 Gäste, wir winken uns zu. Einer ruft „leg doch noch ein Lied für uns auf, Haru!“ Ich grinste erschöpft.
Fazit: mehr Achtsamkeit und Pünktlichkeit. Hätte ich um Mitternacht Schluss gemacht, wäre alles ohne Gedöhnse zu Ende gegangen. Aber ja, ich verstehe die Gäste nur zu gut. Bei dem heissen Wetter stellt man sich nicht um 20 Uhr hin und tanzt ab, sondern plaudert mit einem Bierchen in der Hand in der frischen Luft, während im Hintergrund nette Musik läuft. Ach… ich bin halt immer noch zu sehr an klaren Strukturen gebunden.
PS: Marcella ist eine umwerfend großartige Frau mit einem Herz so groß wie das Meer. Kaum leerte ich eine Flasche Wasser, schon stand die nächste da. Ungefragt versorgte sie mich ständig mit Ingwertee und auf die Frage, ob sie eine Scheibe Brot habe, zaubert sie mir einen Teller mit belegten Broten. Und beim Verabschieden zwängt sie mir mütterlich eine Flasche Wasser für zu Hause auf und drückt mir ein paar Scheine in die Hand, die ich ablehnen will, doch da wird sie fast resolut. Wow, wie berührend.
… hast Dich tapfer gehalten, Kompliment!
Heldenhaft alles gegeben
… und diese Marcella klingt so nett, dass ich das tres chicas mal ausprobieren werde.
… Marcella ist, ebenso wie ihre Schwestern Vivian und Erika, ein Schatz – aber nicht vergessen, sie können auch richtige kolumbianische Latinas sein, dann aber aufgepasst! 😉
oh, damit kann ich umgehen; das ist okay.
VIVA VINYLISTA!
¡Viva la revolución de jukebox humano!
den breakdown hab ich garnicht mitbekommen! und: ich hätte zu den residents getanzt! ich schwör!
sorry, dude. das nächste mal lege ich dir die residents für umme auf. ich schwör!